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Klang: Nubert nuVero 60

Inhaltsverzeichnis

  1. 2 Klang: Nubert nuVero 60

Nubert nuVero Box

Eine allzu lange Einspielzeit benötigen die nuVero 60 schon mal nicht: Nach nur etwas mehr als 24 Stunden in der warmen Wohnung und permanent musikalisch gefüttert vom Linn Majik DSM zeigen sie auf beeindruckende Weise, wozu ein durchdachtes und technisch tadellos ausgeführtes Kompaktkonzept so fähig ist. Fangen wir mal ganz unten an, dunedin consortalso im Basskeller – und zwar ausnahmsweise nicht mit meinen elektronischen Lieblingsaufnahmen für subsonische Spezialaufgaben, sondern ganz klassisch mit dem Orgel-Choral „Christus, der uns selig macht“ (BWV 620) in der Aufnahme des Dunedin Consort (auf Amazon anhören) und eingefangen in 192 kHz/24 Bit von Linn Records. Diese Aufnahme der „Johannes-Passion“ von Johann Sebastian Bach bietet eigentlich alles, was man zur Beurteilung von Lautsprechern braucht, und ich könnte diesen Hörbericht fast alleine damit abhandeln – aber gemach.

Dass die Nubert nuVero 60 meinen gut 40 Quadratmeter großen Raum nicht in seiner Gänze zum Schwingen bringen würden, hatte ich erwartet, und das tun sie auch nicht. Dass sie dermaßen unangestrengt so tief hinabsteigen würden und dennoch einen sauberen, unverzerrten, artikulierten und bestens modulierten Bass reproduzieren, das hatte ich ihnen dann aber doch nicht zugetraut. Der Schalter für die Basslautstärke bleibt in meinem großen Raum und der relativ freien Aufstellung übrigens in der „Neutral“-Position. Und was soll ich sagen … Asche auf mein Haupt, hier geht es wirklich erwachsen und unkomprimiert zur Sache, auch in Pegelregionen, die annähernd an ein Live-Konzert erinnern. Mit den 90 Watt, die mein Linn an 4 Ohm liefern kann, scheinen die mit 83 dB/1W/1m nicht allzu empfindlichen Nubert nuVero 60 bestens zurecht zu kommen, was nicht zuletzt auf einen verstärkerfreundlichen Impedanzverlauf schließen lässt.

Nubert nuVero 60 | Lautsprecher mit Frontgitter
Die Nubert nuVero 60 inklusive des mitgelieferten Frontgitters

Die „Johannes Passion“ des Dunedin Consort wird uns zwar wie angedroht noch eine Weile begleiten, doch ein wenig Elektro-Mucke kann ich den Nubert (und mir) nicht vorenthalten. Die neue Scheibe von Yello, zum Beispiel. Toy (auf Amazon anhören) ist eine ziemlich kurzweilige Angelegenheit, und der Track „Dialectical Kid“ bestens dazu geeignet, Tieftöner zu malträtieren und die Sprintfähigkeiten aller Chassis herauszufordern. Den ersten Teil der Mission bewältigen die nuVero 60 mit Bravour – ich staune jedenfalls nicht schlecht, als meine Fersen auf dem Wohnzimmertischyello die ersten Tiefbasswellen aus den rein optisch gar nicht dazu in der Lage scheinenden 18ern in Empfang nehmen. Das mag sich zwar fast euphorisch-verklärt lesen, doch selbst, wenn ich mich an Standlautsprecher wie die Focal Aria 926 zurückerinnere, vermögen diese nur unwesentlich tiefer oder druckvoller zu spielen. Klar: Die fast doppelt so teuren Dynaudio Excite X38 – ebenfalls Standmodelle – mit ihren beiden 18er-Bässen und dem großen Gehäusevolumen schieben im tiefen Keller noch mehr – und dennoch: Was die Nubert nuVero 60 im Bassbereich bieten, hat erstaunlichen Tiefgang, und dabei Druck, Speed und unbedingt auch Kontrolle – Respekt!

Trocken, aber herzhaft
Vorab sei verraten, dass man diesen auch gegenüber dem „Rest“ des sehr gut integrierten Klangbildes haben darf. Da wäre zunächst der Mittelton zu nennen, der sich beim ersten Hören neben dem beeindruckend, aber nie egozentrischen Bass fast ein wenig unspektakulär anhört. Kaum aber setzen Gesangsstimmen ein oder ertönen die Saiten eines Cellos, wird klar, dass insbesondere in diesem Frequenzband die Grenzen des in dieser Preisklasse Erwartbaren mal einfach so links liegen gelassen werden. Die Sauberkeit, Transparenz und luftige Offenheit des kleinen Mitteltöners sind phänomenal, dabei kann ich (trotz der theoretischen Senke um 2,4 kHz) keinerlei Verfärbungen ausmachen, im Gegenteil, wenn ich den Mittenschalter in die „Prägnant“-Stellung bringe, wird das Klangbild in meiner Konstellation einen Tick zu nervös und sehnig – das muss nicht sein. Um bei Yellos Album Toy zu bleiben, lege ich „Kiss the Cloud“ auf und staune ein weiteres mal nicht schlecht: Jede noch so kleine Nuance in der Stimmmodulation von Sängerin Fifi Rong tritt wie mit der Lupe vergrößert zu Tage – zumindest bei dieser Aufnahme meine ich eine leichte Präferenz der nuVero für den Präsenzbereich, jedoch ohne störende Vernachlässigung der unteren Mitten wahrnehmen zu können. Griffig bleibt der Mittelton dennoch und wird nie ätherisch, wie diverse knurrig abgemischte E-Bässe beweisen (fragen Sie mich nicht nach Bands oder gar Titelnamen, ich bin einfach mal wild durch meine NAS gejoggt …)

Nubert nuVero 60 | Lautsprecherfüße
Schrauben statt Füße: Die nuVero 60 können auf den passenden Nubert-Lautsprecherständern fest montiert werden

Der Eindruck von Transparenz und Luftigkeit ergibt sich auch im Hochton. Das ist ungemein wichtig für einen in sich geschlossenen, stimmigen Gesamteindruck. Die 26-Millimeter-Seidenkalotte der Nubert nuVero 60 legt durchaus frisch und beherzt drauf los, so dass ich in meinem recht wenig bedämpften Zweithörraum mit der Schalterstellung „Sanft“ am besten höre, obwohl ihre Energie stets im Dienste einer realistisch-transparenten Wiedergabe steht – und sich eben nicht einer vordergründigen, auf Effekte zielenden Darstellung andient.

Übrigens: Während meiner Beschäftigung mit den Nubert nuVero 60 gesellte sich bereits der nächste Testkandidat zur Kette, und zwar in Form des brandneuen kleinen Vollverstärkers von Norma Audio, dem HS-IPA1. Ohne jetzt in die Details von dessen Klangcharakter gehen zu wollen, kann ich sagen, dass die im Hochton seidige, feingranulare und schnelle Gangart des Italieners mit den tugendhaft und schonungslos auflösenden deutschen Lautsprechern besonders gut funktioniert – besser als mit dem in diesem Bereich vergleichsweise gläsern klingenden Linn Majik DSM.

Nubert nuVero 60 | Schallwand

Doch jetzt schnell zurück zu den Nubert nuVero 60 und Michel Jonasz „Le Temps Passé“ vom Live-Album La Fabuleuse Histoire de Mr. Swing (auf Amazon ansehen): Insbesondere dynamische Fähigkeiten und die Auflösung im Hochton können mit dem langen, intensiven Stück bestens ausgelotet werden. Und meine Herren, hier geht in beiden Disziplinen die Post ab! So frei von Kompressionseffekten während der lauten, dynamisch anspruchsvollen Passagen gegen Ende des Stücks habe ich den klanggewaltigen Auftritt des michel jonaszfranzösischen Sängers mit einer Kompaktbox wohl noch nie erleben dürfen:

Die Bleche des Schlagzeugs flirren ohne wahrnehmbare Beeinträchtigung durch den Rest des Frequenzbands. Die nuVero 60 reproduzieren sie mit selbstverständlicher Detailfreudigkeit, sauber getrennt von den Klängen des Synthesizers, der sich in den oberen Frequenzsphären hinzugesellt. Die dynamischen Level des Stücks werden in realistischer Weise, ansatzlos und fein gradiert in den Hörraum transportiert, nein, geradezu torpediert. Das ist, mit Verlaub, krasser Stoff. Und zwar richtig. Dass hier kein Standlautsprecher der Über-3.000-Euro-Klasse im Verbund mit potenten Endstufen, sondern Kompaktlautsprecher zusammen mit einem gerade einmal den halben Preis kostenden, schuhkartongroßen Vollverstärker spielen (Michel Jonasz wird gerade vom Norma Audio HS-IPA1 verstärkt), das würde man im Blindtest keinesfalls todsicher in Betracht ziehen. Um auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen: Meine Lansche Audio 3.1 mit dem großen Norma-Audio-Besteck machen das alles noch jazz at the pawnshopselbstverständlicher, detaillierter, schneller, sauberer und mit dieser gewissen „Grandeur“ – doch ohne den direkten Vergleich vermisse ich bei der Test-Kombi wenig.

Selbst bis hin zu deutlich gehobenen Lautstärken kann ich dynamisch kaum Einschränkungen ausmachen, auch feindynamisch nicht. Die gesamte Palette von massiven Drumbeats wie in Egil Johansens Solo in „Take Five“ auf Jazz at the Pawnshop von Arne Domnérus (auf Amazon anhören) bis hin zur Intonation der intim eigefangenen Stimme von Mark Hollis auf seinem selbstbetitelten Solodebüt (auf Amazon anhören) – all das geben die schwäbischen Boxen ohne mit der Wimper zu zucken, ungefiltert und unheimlich schnell in der Ansprache weiter. Auch hier gilt, dass deutlich größere Standlautsprecher wie die Revel Performa F208 eine noch größere und lautere Pauke in den Raum stellen können, machen mark holliswir uns nichts vor. Doch ich kann mich nur wiederholen: Die Nubert nuVero 60 wildern auch im klassischen Standlautsprecherterritorium mit ungeahnten Talenten.

Die Illusion, einer deutlich voluminöseren Box zuzuhören, hat auch mit dem räumlichen Darstellungsvermögen der Nubert nuVero 60 zu tun. Ich habe die Lautsprecher in meiner Abhörsituation fast genau auf den Hörplatz ausgerichtet, so dass man gerade so noch die Innenseiten der Gehäuse sehen kann. Natürlich befinden sich die Hoch- und Mitteltöner auf der Innenseite, wie vom Hersteller empfohlen. Mit der direkten Abstrahlung des Schalls auf meine Ohren entsteht ein von den Boxen losgelöster, in alle Richtungen kaum begrenzter Klangraum, der sich auch in die Tiefe weit ausdehnt.

Der Tieftöner der Nubert nuVero 60

Nackedei: Der Tieftöner der Nubert nuVero 60

An diesem Punkt komme ich zurück zum Dunedin Consort und seiner tollen Aufnahme der Johannes-Passion. „Da Jesus an dem Kreuze stund“ ist eine hinsichtlich räumlicher Trennung und stimmlicher Brillanz schwer zu übertreffende Aufnahme, und die Nubert lassen an diesem Umstand keinen Zweifel. Deutlich hinter der Lautsprecherebene und leicht erhöht sauber aufgereiht stehen die Sängerinnen und Sänger des Dunedin Consort – einzelne Stimmen sind gut heraushörbar, die Register sowieso.

Bei „Le Temps Passé“ von Michel Jonasz ebenso wie beim rein elektronischen „Electrified“ von Yello-Mastermind Boris Blank tun sich weite, der Live-Bühne beziehungsweise dem virtuellen Raum der Elektroaufnahme gerecht werdende Dimensionen auf, die mich die wirklichen Schallquellen links und rechts (fast) komplett vergessen lassen. Überhaupt fällt mir in der ungefähren Preisklasse der Nubert nur ein Lautsprechermodell ein, das hinsichtlich der dreidimensionalen Plastizität und räumlichen Trennung noch einen drauf setzen kann, und das sind die Guru QM 10 Two (die insbesondere im Bassbereich wiederum das Nachsehen haben).

Das muss ich alles erst mal verdauen – und ein bisschen Angst habe ich jetzt schon, meine Horns Mummys wieder anzuschließen … Denn die Nubert nuVero 60 haben definitiv das Zeug zur eierlegenden Wollmilchsau auch über ihre Preisklasse hinaus.

Nubert nuVero 60 Schallwand

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Test: Nubert nuVero 60 | Kompaktlautsprecher

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