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Klangliches zur Wharfedale, Teil 2

Inhaltsverzeichnis

  1. 4 Klangliches zur Wharfedale, Teil 2

Dieses Talent für Raumaufteilung und Ortbarkeit stellte sich etwa bei „Funny the way it is“ der Dave Matthews Band (Album: DMB Live Europe ’09) unter Beweis. Der Konzertplatz – es handelt sich um den Mitschnitt eines Open-Airs in Italien – ist in seinen Dimensionen geradezu greifbar nah. Dave Matthews Band / DMB Live Europe '09Und so viel Phantasie braucht es nicht, sich vorzustellen, an welchen Plätzen der Bühne die Musiker Stellung bezogen haben, die Wharfedale Jade 5 liefert die Vision ins Haus. Nicht übertrieben und aufgesetzt wirkend, sondern in realistischen Dimensionen und so, dass man in etwa anderthalb bis zwei Meter Hörabstand wunderbar in das Geschehen einbezogen, ja fast umschlossen wird. Einen ähnlich „involvierenden“, also raumfüllenden Eindruck hinterließ bei mir zuletzt die Aurum Orkan VIII von Quadral. Die aber ist sowohl preisbezogen als auch vom technologischen Aufwand her nicht wirklich mit der Jade 5 vergleichbar – kostet sie doch fast zwei große Euro-Scheine mehr.

Sockel der Wharfedale von unten betrachtet
Sockel der Wharfedale, von unten betrachtet

Ich bevorzugte während des Tests eine gerade Ausrichtung der Lautsprecher in meinem Hörzimmer, das erzielte Stereo-Panorama erschien mir so angenehm groß, die Illusion der Bühnenbreite der Realität sehr nah. Leicht eingewinkelt, spielte die Jade 5 dafür noch ein wenig anspringender, direkter, in der räumlichen Darstellung aber auch enger – experimentieren Sie ruhig ein wenig mit Einwinkelung und Abstand der Boxen zueinander. Die Jade reagiert klanglich in jedem Fall gutmütig. Es geht allenfalls um geschmackliche Nuancen, die sich so aber durchaus justieren lassen, bis das für den Hörer passende Klangbild schließlich einrastet.

Teppichspikes der Wharfedale Jade 5
Teppichspike der Wharfedale Jade 5

Der recht kleine Mittentreiber umfasst ein für seine Größe breites Frequenzband, muss dabei extrem schnell ansprechen und leistet demzufolge Schwerstarbeit. Die man ihm nicht anhört.

Mitteltonkonus der Wharfedale
Mitteltonkonus der Wharfedale

Gleichwohl erlebte ich sehr schön den schon oft beschriebenen „Burn-in“-Effekt, sprich, die Tatsache, dass ein Lautsprecher eingespielt werden sollte, bevor er die vom Hersteller Axel Bosse / Wartesaalversprochene Performance erreicht. So hatte mir der deutsche Wharfedale-Vertrieb zwar zugesichert, dass die Box „schon einige Stunden auf dem Buckel“ habe. Dennoch zeigte sich dieser so wichtige, weil in Sachen Natürlichkeit, Stimmwiedergabe und Präsenz tragende Frequenzbereich anfangs ein wenig lustlos und zurückhaltend. So sang Axel Bosse sein „Roboterbeine“ (Album: Wartesaal) nicht nur ein wenig kehlig und nach unbehandelten Polypen klingend (das muss so sein), sondern auch seltsam hohl und substanzlos. Fast, als habe man ihm sein Mikro zu weit vom Mund weg gerückt. Erst nach einigen Tagen kam Leben in die Bude, will sagen: Der Gesang legte an Volumen und Geschmeidigkeit zu und rückte vom Rest des Geschehens – also seiner Band – ab und auf den Hörplatz zu.

Sockelrückseite der Wharfedale

Nun will ich wirklich nicht behaupten, der sympathische Wahlberliner – übrigens derzeit u.a. mit Anna Loos und Silly auf Tournee – verfüge über einen besonders beeindruckenden Stimmumfang, bei Kate Bush und ihrem neuen, faszinierenden Album 50 Words for Snow müssen wir darüber aber wohl nicht diskutieren.

Kate Bush / 50 Words for Snow

Schon der Opener „Snowflake“, sparsam mit Stimme und Piano instrumentiert, verursacht Gänsehaut. Die Jade 5 stellt das Klavier samt „Käthe“ unmittelbar vor meinen Hörplatz, lässt die angeschlagenen Tasten lange ausklingen und die Gesangsstimme facettenreich, plastisch und warm – ich sage nicht künstlich angedickt! – ertönen. Ein Höreindruck, den ich mit dem Attribut „natürlich“ umschreiben würde. Ein deutlich „angewärmtes“ Wharfedale Jade 5Timbre – was ja auch oft mit Natürlichkeit gleichgesetzt wird – sollten Sie von der Britin indes nicht erwarten. Die Magnat Quantum 905 beispielsweise präsentiert die Mitten in der Tat deutlich „wärmer“, im Direktvergleich mit der Wharfedale sogar fast ein wenig füllig, ohne dass ich das gleich als Effekt abtun möchte. Ihre Abstimmung ist halt eine andere. Hier gibt es kein Richtig oder Falsch, hier muss der eigenen Geschmack – idealerweise nach eingehendem Probehören – entscheiden.

Das Obertonspektrum sorgt für sehr gute Durchhörbarkeit, Frische und Detailreichtum, ohne zu „beißen“. Exemplarisch möchte ich noch einmal auf die Dave Matthews Band zurückkommen, die ich bereits weiter oben zitierte. Die Vollblut-Kombo aus New Orleans verwendet (nicht nur) live stets einen drei Mann umfassenden Bläsersatz und eine – allerdings elektrische – Violine. Spielen die sich erst einmal in Rage, was bei den zahlreich eingeschobenen Improvisationen des Öfteren vorkommt, kann die Wiedergabe der Höhenlagen vor allem bei forcierter Lautstärke schnell scharf, undifferenziert und damit schlicht nervig werden. Auf audiophile Analytik gezüchtete Lautsprecher kann man dabei nicht gebrauchen.

Hochtonkalotte der Wharfedale

Schön, dass der kleinen Alukalotte der Wharfedale der Spagat zwischen gutem Auflösungsvermögen, Detailreichtum und „langzeittauglicher“ Zurückhaltung gelingt. „Ganz oben“, wo mir eben jene wahnsinnig analytischen Kolleginnen schnell des Guten zu viel präsentieren, scheint die Wharfedale sanft und angenehm abzurunden. Ich hatte nie das Gefühl, mir würden wirklich wichtige akustische Informationen vorenthalten – aber natürlich gibt es im Hochtonbereich auch höherauflösende Lautsprecher wie sie etwa unter anderem von Elac in dieser Preisklasse angeboten werden. Deren „JET“-Folienhochtöner (siehe beispielsweise Test Elac FS 247) beispielsweise beleuchtet die oberen Lagen bis in den letzten Winkel. Je nach bevorzugter Musikrichtung und geschmacklicher Präferenz, kann das die bessere Alternative sein.

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Test: Wharfedale Jade 5 | Standlautsprecher

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