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Hörtest: Denon AH-GC20

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  1. 2 Hörtest: Denon AH-GC20

YesDen musikalischen Anfang darf das Album Close To The Edge von Yes machen, dessen namensgebendes Opus allerhand unterschiedliche Signalzusammensetzungen durch den Hörer in meine Ohren spült. Die Bluetooth-Einrichtung ist nicht der Rede wert, sie funktioniert mustergültig. Es gibt sogar eine Überraschung, denn neben meinem iPad lässt sich gleichzeitig auch das Telefon verknüpfen. Falls es also jemand wagt, meine Prog-Rock-Hörsession per Anruf zu unterbrechen, kann ich mit einem kurzen Griff an den Kopfhörer kurzerhand meine Begeisterung darüber kundtun. Praktisch. Dank cVc-Software (Clear Voice Capture) des Herstellers CSR, die in erster Linie für eine gut funktionierende Geräuschunterdrückung des Denon-Mikrofons sorgt, geschieht das auch in sehr guter Qualität. Und wenn mein Gegenüber lieber doch nicht mit mir sprechen will, rede ich eben mit Siri, sollte ich Mitteilungsdrang verspüren. Das geht nämlich auch.

Von Yes wiederum bin ich begeistert, nicht nur von der musikalischen Performance des 72er-Albums der Vertrackt-Rocker, sondern auch von dem, was mich der Denon-Hörer davon wahrnehmen lässt. Der bisweilen etwas kritische Präsenzbereich des Meisterwerks stört an keiner Stelle des langen, abwechslungsreichen Stücks. Bill Brufords Snare, Ride und Hi-Hat, Konsonanten von Jon Andersons durchaus anstrengender Stimme, Rick Wakemans quietschende Synthie-Arpeggien, besonders aber Steve Howes beißender Gitarrensound zwingen bei etwas höheren Abhörpegeln den Musikfreund schnell zum Zusammenkneifen der Augen und dem anschließenden Herunterregeln der Lautstärke. Nicht beim Denon, denn dieser spielt sanft, ohne dabei auf Detailreichtum zu verzichten. Das schafft bei weitem nicht jeder Kopfhörer dieser Preisklasse und ist sogar der erste Ansatzpunkt für Kritik, den ich bei meinem Stax-Elektrostaten anbringen würde.

Denon AH-GC20 Kopfhörer

Über die oberen Mitten kann ich also nur Gutes berichten, in den Höhen schließt sich ein ähnliches Bild an. Sie sind sauber und samtig, von Klirr bemerkt man erst etwas, wenn man sich pegelmäßig im oberen Grenzbereich bewegt. Im dichten Geschwurbel des Prog-Meilensteins lässt sich auch gut erkennen, wie hoch die Auflösungsfähigkeit des Denons ist. Um Schmieren oder Auswaschen des Klangs muss man sich keine Sorgen machen, im Gegenteil weiß der Kopfhörer mit Detailreichtum zu glänzen. Allerdings offenbart der Vergleich mit hochwertigen offenen Hörern, dass der Denon die Höhen leicht zügelt.

„I Get Up I Get Down“, der dritte Sub-Index des Yes-Titelstücks, welches in der Vinylversion eine gesamte Seite für sich beansprucht, ist sehr sphärisch und „ätherisch“. Das kommt auf dem AH-GC20 auch sehr passend rüber. Bei manchen Musikmaterialien wird man vielleicht etwas „Freiraum“, Weite und Luftigkeit im Klang vermissen, welche hochwertige offene Hörer zu liefern vermögen – aber schließlich sind die Denon-Headphones auch bewusst geschlossen konzipiert. Wer Klassik, Jazz oder andere Musik hören will, die „atmen“ muss, dies aber in nicht ganz leisen Umgebungen tun oder sogar Noise-Cancellation nutzen will, muss mit diesem Charakter letzlich immer leben. Und der Denon gehört nicht zu den Kopfhörern, die einen vollkommen abgekapselten, kleinräumigen Sound liefern, wie es viele andere geschlossene Hörer und Earbuds tun.

Denon AH-GC20 USB

Ich bin gemein. (Mist: Jetzt ist es raus.) Ich stelle den Denon AH-GC20 vor eine unlösbare Aufgabe, indem ich ein sehr spezielles Album wiedergebe: Drink The Elixir der 90s-Band Salad mit der umwerfenden ehemaligen MTV-Europe-Moderatorin Marijne van de Vlugt als Chanteuse. Das geniale Album besitzt, nun ja, „hochwertigen Garage“-Sound und bringt mit seinem deutlich zu ausgeprägten Oberbass viele Wiedergabesysteme zur Verzweiflung. Es bestätigt sich, dass der Denon-NC-Hörer ebenfalls keine Rettung darstellt, denn er bestraft in diesem Frequenzband nicht perfekt austarierte Produktionen sofort. Das Experiment zeigt aber gleichzeitig, wofür er sich besonderssalad eignet: Typische Produktionen aus dem Popularmusiksektor, die anders als das hohle und kauzige Salad-Album dicht, kompakt, mit einem satten, trockenen Bassfundament daherkommen und in Mix und Mastering durchaus auf Lautheit getrimmt sind, kommen mit dem geschlossenen Hörer sehr gut zurecht. Wem pfundige Bassdrumschläge wichtiger sind als die kürzestmögliche, unbeeindruckte Darstellung des absoluten Subbassbereichs, der liegt mit den Denons richtig. „Sock It 2 Me“ von Missy Elliott? Ein Genuß sondergleichen!

Was den Pegelfrequenzgang des Hörers angeht, habe ich im Laufe der Testphase sehr gut verstanden, dass der Denon eine Philosophie verfolgt, die besonders modernere Musikrichtungen anspricht, aber dennoch ein Allesspieler ist. In dieses Bild passt auch, dass er mit einer erstaunlich hohen Ortungsschärfe daherkommt. Die Bühne ist nicht riesig, aber die Lokalisation sehr klar; dies zeigte sich besonders deutlich am unbearbeiteten Signal einer Kirchenorgel-Mikrofonierung mit einem zwischen Hauptwerk und Rückpositiv aufgestellten Blumlein-Stereosystem, die ich vor einiger Zeit durchgeführt habe. Trotz der vielen Rückwürfe des großen Raums und der komplexen Nachhallfahne lassen sich nicht nur die einzelnen Orgelwerke voneinander trennen, sondern durchaus die einzelnen Pfeifen verorten. Sehr gut!

Denon AH-GC20 Hörer

Natürlich ist mit Kopfhörern statt einer präzisen Vorneortung eine ausgeprägte IKL („Im-Kopf-Lokalisation“) das Ergebnis, doch wer sich heute Kopfhörer aufsetzt, hat sich längst an diesen Umstand gewöhnt und kann ihn sogar genießen. Schließlich ist das „Für-sich-sein“ eine der grundlegenden Ideen eines Kopfhörers mit Noise Cancellation. Klassikaufnahmen sind trockener und präziser als mit offenen Systemen zum ausschließlichen Heimgenuss, aber eben auch „kleiner“ und bedrängter – und passen damit letztlich sehr gut zum Hören im engen Raumkonzept „Bus“ und „U-Bahn“. Den Genuss der zu Beginn dieses Testberichts genannten Brahms-Aufnahme hatte ich mir im Testzeitraum mehrfach auf dem Sofa gegönnt, zudem noch – ungeachtet sommerlicher Temperaturen – ausgiebig Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium in der BIS-Aufnahme des Bach Collegiums Japan unter Masaaki Suzuki, welches durch seine Aufgeräumtheit glänzt – und den Denon AH GC20 damit äußerst passend füttert.

nick drakeDiese Eigenschaften lassen sich auch nachvollziehen, als Nick Drake sein Leid auf Bryrter Later in meine Ohren klagt. Die dynamischen Finessen von Drakes Gesang, besonders aber seines Gitarrenspiels, werden vom Denon angenehm originalgetreu umgesetzt, trotz eher verhaltener Präsenzen ist man dadurch dem Geschehen sehr nah.

Etwas weiter oben im Text ist zu lesen, dass der AH-GC20 besonders gut mit dichtem Material umgehen kann, was ich auf dem iPad mit der Auswahl deftig zugekleisterter Produktionen wie denen der englischen Big-Beat-Götter Propellerheads – namentlich „Bang On“ und „On Her Majesty’s Secret Service“ vom Debütalbum Decksanddrumsandrockandroll. Der knarzige und klebrige Roland-303-Synthesizer kleistert alleine schon einen großen Frequenzbereich zu und lässt der Dynamik kaum Luft zumpropellerheads Atmen. Für einen geschlossenen Kopfhörer spielt der Denon angenehm unbeeindruckt und lässt sich durch das Pegel-Dauerfeuer nicht aus der Ruhe bringen.

Ein Noise-Cancelling-Kopfhörer soll ja mit Lärm von außen umgehen, doch zunächst drehe ich den Spieß mal um: „New Noise“ von Refused. „Tja, mit Lärm von innen hast du nicht gerechnet, lieber Denon, was?“, denke ich und erwische mich beim Grinsen. Erstaunlich, wie souverän und nüchtern der Denon das wütende und fordernde Pamphlet der Schweden wiedergibt, problemlos die Wechsel von dichten Gitarren mit kratzigem Geschrei und fein texturiertem Atmo-Material in Membranschwingungen verwandelt, ohne dabei die Dynamik der Aufnahme zu verändern, wie es sonst viele Kopfhörer tun. Kapitalusmuskritik galore, und der AH-GC20 tut, als sei nichts gewesen. Das muss man ihm erst einmal nachmachen.

Gut gecancelt? Der Denon AH GC20 im Außendienst

Denon AH-GC20 Praxistest Noise Cancelling

Lärm von außen ist eine größere Herausforderung für Kopfhörer. Ich begebe mich während des Tests daher in die Einflugschneise des Konrad-Adenauer-Airports, um dem regen Austausch bräunungswütiger Urlauber gegen solche mit bereits erfolgtem Bräunungsvollzug beizuwohnen. Und wie ausnahmsweise erwünscht, werfen die Flieger ihre Lärmschleppen über mir aus, aber ich stehe ja bewusst und akustisch gewappnet am Flughafenzaun. Zunächst lasse ich mich mit ausgeschalteter NC-Technik von den Triebwerken mit Lärm übergießen und vergleiche den Erfolg der passiven Immissionsbegrenzung mit der meiner „Big Phones“. Das sind vor allem für Schlagzeuger gedachte Kopfhörer, die den beliebten (und vor allem aus der Formel 1 bekannten) Peltor-Gehörschutz als Grundlage verwenden. Ergebnis: Die Big Phones dämpfen zwar besser, nach spätestens einer Stunde wird es unter den fies eng sitzenden und mit unangenehmen Wulstmaterialien ausgestatteten Hörern aber erfahrungsgemäß unerträglich.

Ein kleiner Handgriff an die Ohrmuschel des Denon AH-GC20 genügt, um die NC einzuschalten, allerdings muss ich den Kopfhörer dazu abnehmen: Man muss sich an viele Positionen der Schalter gewöhnen, aber es bleibt nicht aus, dass ein Weilchen vergeht, bis der sichere Zugriff haptisch in Fleisch und Blut übergegangen und im „Muscle Memory“ untergebracht ist. (Ach ja: Ein guter, alter On/Off-Schalter wäre eine wirkliche Errungenschaft …) Nun gut: Ich schalte, setze den Denon auf – und zack: Das kräftige Gewummer der Jets weicht einem sanften, hohlen und sehr, sehr leisen Rauschen, selbst, wenn mich die Tomatensaft und Hartschalenkoffer führenden Verkehrsmittel bei ihrem Landeanflug beinahe das Profil ihrer Reifen überprüfen lassen. Wirklich: Das funktioniert hervorragend! Vorsicht aber bei Wind, denn dieser kann das NC-System kurzzeitig austricksen und für ein unangenehmes Dröhnen sorgen.

Im Testzeitraum hat es eine ganze Weile gedauert, bis mich der Denon-Hörer durch ein müdes Piepsen auf etwas aufmerksam gemacht hat, das ich schon längst verdrängt hatte: die Akkulaufzeit. Hier gibt es Nachrichten, die man als Smartphone-Benutzer sehr gerne hört: Der Li-Ion-Akkumulator hält ewig. Gut, ewig nicht, aber die Marschrichtung dieser Aussage stimmte: Die 20 Betriebsstunden mit eingeschalteter NC erreicht der GC20 nicht nur auf dem Papier.

Denon AH-GC20

Neben Autofahrten als Beifahrer und einem „Pendlertest“ in einer der notorisch überfüllten Bahnen der Kölner Verkehrsbetriebe (Motto: „Karneval statt Kompetenz“) sind es vor allem Reisen mit der Deutschen Bahn, auf denen der Denon AH GC20 sein Können unter Beweis stellen muss. Es ist erstaunlich: Das sonore Brummen, das entsteht, während ICs und ICEs den Schienenstrang unter ihrer Front einsaugen, unter sich herjagen und am Zugende wieder ausspucken, es verschwindet fast vollständig! Nick Waterhouses Times All Gone, das vielleicht am besten produzierte Retro-R&B-Album überhaupt, lässt sich voll genießen: Im Bassbereich stört kein Dröhnen das Verfolgen der zackig-beschwingten Basslinien und der superpräzisen, plastisch klingenden Brass- und Woodwind-Section sowie der vielen Pausen zwischen den einzelnen Akzenten.

Egozentrik war gestern: Mitreisende bekommen vom eigenen Musikgenuss sehr wenig mit, so dass man keine bösen Blicke erntet. Es dauerte bei meiner ersten „Testfahrt“ bis zum nächsten Album, dem Soundtrack zu einem der vielleicht nick waterhouseemotionalsten Filme der letzten Jahre, „The Broken Circle“, bis der den Nashville-Produktionen in nichts nachstehenden Banjo-Sound von der Aufforderung „Ihre Fahrkarte bitte“ unterbrochen wird. Üblicherweise freue ich mich über den vollständigen Satz des Bahnpersonals (… im Gegensatz zu „Payback-Karte?“. Gönnen Sie sich übrigens mal den Spaß und beantworten sie diese Frage, indem sie Kassierer oder Kassiererin erklären, was das ist, so eine Payback-Karte). Ich bin aber recht überrascht, dass die Stimme des freundlich dreinblickenden Zugbegleiters derart klar durch das dengelnde Scruggs-Style-Banjo der belgischen Bluegrass-/Country-Kapelle schneiden kann.

Eine spätere Nachfrage bei Denon ergibt, dass der Sprachbereich bewusst von allzu starker Dämpfung verschont bleibt. Nun gut, beim späteren Beihnaherempler auf belebtem Pflaster in Bensberg, von dem ich zu Beginn dieses Tests berichtete, konnte der Warnhinweis nicht bis zu meinem Ohr dringen. Mein Fast-Unfallpartner hatte also zumindest mit der Abhörlautstärke durchaus recht (hüstel): Ja, Brahms macht besonders laut auch besonders viel Spaß.

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Test: Denon AH-GH20 | Kopfhörer

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