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Thundercat – Drunk

Es wird funky – das neue Album Drunk des Produzenten und amerikanischen Bassisten Stephen Bruner aka Thundercat strotzt nur so vor groovigen Bassläufen und unterschiedlichsten Musikeinflüssen. Dabei ist das Genre „Fusion“ wohl die passendste Kategorie für Thundercats Musik. Der quirlige Mix aus Drummachine, Bass, Keys und seiner souligen Stimme im ersten Song „Captain Stupido“ der Platte erinnert an die guten alten Zeiten, in denen durch James Brown die Grundsteine des Hip-Hop definiert wurden.

Thundercat - Drunk

In weiteren instrumentalen Songs wie „Uh Uh“ meint man eine bassige Variante eines Pat-Metheny-Werks zu erkennen, so soulig und jazzig ist Thundercats Musik. Der Bassist ist bekannt dafür, sich in den unterschiedlichsten Genres wohl zu fühlen. Viele Jahre lang spielte er in der Trash-Metal-Punk-Band Suicidal Tendencies. Er ist seit Jahren mit dem Electro Produzenten und DJ Flying Lotus befreundet, spielte auf dessen Alben und traute sich durch dessen Zureden endlich, selbst in den Vordergrund zu treten. Außerdem unterstützte er die letzten Alben von Rapper Kendrick Lamar mit seinen Bassläufen und tourte mit ihm als festes Bandmitglied durch die Welt.

Lamar kam auch zu Thundercat ins Studio – es entstand der Song „Walk on by“. Durch das programmierte Schlagzeug, die hohe, säuselnde Stimme Thundercats und die ruhigen Synthesizer fühlt man sich als Hörer schnell in die 80er-Jahre zurückversetzt. Der unaufgeregte, aber präzise Rap Lamars passt perfekt in die Strophe, weil er den Groove der Musik aufnimmt. Eine weitere tolle Zusammenarbeit auf dem Album lässt sich in dem Song „The Turn Down“ finden. Pharrell Williams, selbst genreübergreifender Produzent, singt über die blubbernden Synthesizer. Sein Gesang bildet den perfekten Gegensatz zu der Musik, die eine eigenartige Atmosphäre kreiert. Da ist es fast schade, dass das kurze Lied so schnell vorbei ist.

Thundercat hat auf dem Album Musik mit viel Seele produziert. Dabei blickt er zurück auf eine Zeit, in der digitale Zusätze in der Musik rar waren. Guckt man sich seine Familiengeschichte an, verwundert seine Einstellung nicht: Schon sein Vater spielte bei Jazz- und Soulgrößen wie Randy Crawford oder Diana Ross Schlagzeug. Dass er davon beeinflusst wurde, ist fast vorherbestimmt und ein Geschenk für die Ohren.

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Gorillaz – Humanz

Es beginnt mit einer tiefen Stimme – im Intro verkündet der virtuelle Frontman der Gorillaz, er hätte seinen Roboter abgestellt. Die Ankündigung bezieht sich mit Sicherheit auch auf den Albumtitel Humanz. Im inzwischen fünften Album vermischt die virtuelle Band des britischen Sängers Damon Albarn jegliche Genres von Pop über Rap, Funk und Electro. Dabei arbeiten die Gorillaz auf 18 von insgesamt 26 Titeln mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Musikgrößen zusammen. Dass durch die Vereinigung mit “echten Menschen” der Anteil der “Humanz” auf dem inzwischen fünften Studioalbum der Gorillaz größer ist als auf den vorherigen Veröffentlichungen, ist aber nicht nur ein Vorteil. Zwar werden viele Songs durch das Mitwirken der externen Musiker aufgewertet, doch verliert sich die Band in der Masse der Songs, die nicht ganz von ihr kommen.

Gorzillaz-Humanz

So kann man im vierten Song “Saturnz Barz” mit dem jamaikanischen Dancehall-Star Popcaan kaum eine Verbindung zur ehemals eher funkigen und groovigen Musik mit dem schön traurigen Gesang des Frontmans finden. Ein Hauptmerkmal der Band verschwindet also, wenn die Stimme von Damon Albarn zur Nebensache wird und nicht mehr die Strophen schmückt. Ähnlich verhält es sich auch in den anderen Songs, wobei auch Ausnahmen zu verzeichnen sind: “Hallelujah Money” mit dem emotionalen Gesang Benjamin Clementines zählt zu den Highlights des Albums. Dass die Zusammenarbeit fruchtet, liegt unter anderem daran, dass sich das Grundgefühl der Gorillaz in Clementines Stimme widerspiegelt: Die coole Tristesse, die die Band auf Hits wie “Feel Good Inc.” oder “Clint Eastwood” transportierte, wird hier wieder zum Leben erweckt. Insgesamt ist das Album durch die vielen musikalischen Gäste sehr bunt und experimentell. Und wenn es auch die Band der Gorillaz per se nicht ideal darstellt, so entdeckt man vielleicht andere Musiker wie Benjamin Clementines, bei denen sich ein Plattenkauf womöglich lohnt.

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Flaming Lips – Oczy Mlody

Die Flaming Lips existieren schon seit über 30 Jahren. Über diese Zeit hat die Musik der Band eine Entwicklung von Post-Punk-Gitarrenmusik zu Electronica vollzogen. Das neue Album Oczy Mlody enthält viele atmosphärische Songs, die auf Keyboard- und Synthesizer-Teppichen aufgebaut sind. Der Albumtitel stammt aus dem Polnischen und heißt übersetzt „Augen der Jungen“. The Flaming Lips sind immer eine junge Band geblieben und orientieren sich etwa an Chart-Phänomenen und Youngstern wie Miley Cyrus oder greifen mit ihrem neuen Album den Instagram-Hype um das Einhorn und Regenbögen auf.

The-Flaming-Lips-Oczy-Mlody

Das Video zur Singleauskopplung „How“ zeigt eine Traumwelt aus Neonfarben und Plüschtieren – als Betrachter fühlt man sich in eine Mario-Welt von Nintendo versetzt. Wayne Coyne, Sänger und Frontman der amerikanischen Band, beschreibt das Lied als einen missglückten Versuch der Kommunikation. Der Satz „I tried to tell you but I don’t know how“ aus der Bridge vor dem Chorus sei die wichtigste Aussage in dem Song. Genau wie die träumerische Atmosphäre des Videos ist sein Gesang sanft und verschmilzt mit dem Electro-Hintergrund, der ohne konkrete Schlagzeugbegleitung auskommt. Erst im letzten Drittel des Liedes bricht diese Struktur kurz auf und ein Drum-Beat setzt ein.

In der weiteren Auskopplung „There Should be Unicorns“ besingt Coyne Einhörner. Der 56-Jährige fordert, dass es diese wirklich geben sollte. Im Studio soll der Text zuerst eine imaginäre und lustige Wunschliste gewesen sein. Als sich die Bandmitglieder nicht mehr halten konnten und immer weiter ins Detail der Custom-Made-Einhörner gingen, wurde schließlich ein Song daraus. Auch das gesprochene Outro in dem Lied von Komiker und Musiker Reggie Watts verdeutlicht mittels tiefer und markanter Stimme diese Vorstellung. Bei Auftritten erscheint Coyne wie immer exzentrisch und mit Glitzer dekoriert. In Late-Show-Auftritten zu diesem Song ritt er mit umgehangenen Plüsch-Flügeln auf einer Einhorn-Skulptur. Diese Erscheinung passt gut zu der neuen Musik auf dem Album. Es braucht mehr Träumer, die eine ganz eigene Welt mit ihrer Musik erschaffen.

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