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Transrotor Jupiter: Höreindrücke

Inhaltsverzeichnis

  1. 2 Transrotor Jupiter: Höreindrücke

Transrotor Jupiter

Vorab sei gesagt: Wenn das Laufwerk und der Tonarm eines Plattenspielers die grundsätzliche Flugbahn bestimmen – immerhin handelt es sich um einen „Jupiter“ –, so zeichnet der Tonabnehmer für die Trimmung des Flugobjektes verantwortlich. Die grundsätzlichen Flugeigenschaften bestimmt jedoch das Objekt, das Basisgerät, selbst. Meine Experimente vor allem mit dem MC-Tonabnehmer Transrotor Figaro für satte 2.500 Euro sollen da lediglich aufzeigen, wie viel Potenzial in diesem Dreher steckt. Neben den bereits erwähnten Systemen Goldring Elektra und Transrotor Figaro kam im Test noch ein japanisches MM von Shelter, Typ 201, zum Einsatz. Gehört habe ich den Jupiter dabei über einen Phono-Vorverstärker des britischen Herstellers Cyrus (Phono Signature, um 1.790 Euro).

Transrotor Jupiter

Seit geraumer Zeit steht Beth Harts jüngstes Werk Fire on the Floor (auf Amazon anhören) – übrigens auf kaffeebraunem und sehr sauber gepresstem Vinyl auch optisch ansprechend – auf meiner persönlichen Heavy-Rotation-Liste. Heißt: Die Scheibe dreht sich so oft wie möglich. Und so begann ich auch diesen Hördurchgang mit dem leichtfüßig swingenden Opener „Jazz Man“, der sogleich einige Qualitäten des Bergisch Gladbacher Laufwerks zu präsentieren wusste. Denn gerade weil der „Jazz Man“ so quirlig-agil swingt, kommt es auf das Timing und auf das Rhythmusgefühl an, dass eine Komponente transportieren können muss, um nur ja den Takt nicht zu verschleppen. Denn das wäre Beth Harts jüngstes Werk Fire on the Floorbei so einem Stück kontraproduktiv. Der Jupiter lässt hier jedoch nichts anbrennen, wirkt stets hellwach und „wie auf der Lauer“, um jedem Impuls behände nachzuspüren. Dies vermittelt eine Form von „hüftenschwingender“ Grundbeweglichkeit und Lebensfreude, die sich durch seinen gesamten Vortrag zieht und sich auf sein Publikum unmittelbar überträgt. Dabei wirkt seine Gangart niemals aufgesetzt attackig oder gar nervös. Nein, die Vorstellung zeugt trotz schwingender Körpermitte von souveräner Gelassenheit, fast schon stoischer innerer Ruhe. Nach dem Motto: Was auch immer da kommt, ich hab’s im Griff! Dieser lässig-entspannte Duktus fußt auf knorrig-massivem Grund. Dabei gibt es durchaus Wettbewerber, die im Bassbereich noch autoritärer im Sinne von wuchtiger und tiefgründiger auftreten als der Transrotor, jedoch nicht derart unerschütterlich „stehen“. Zumindest nicht in dieser Preisklasse. Diese Eigenarten – innere Ruhe und massives Fundament –, machen den Charme von großen Masselaufwerken aus und kommen vor allem dann zum Tragen, wenn es musikalisch nach vorne geht. Und diesen Charme transportiert der Jupiter eindrucksvoll.

Transrotor Jupiter

Wie etwa in „Love is a lie“, ebenfalls von Beth Hart. Der treibende Bluesrock-Song fordert einiges an Dynamik: Er ist reichlich instrumentiert, er ist laut, die groovig-pumpende Rhythmusabteilung aus E-Bass und Schlagzeug treibt das Stück mit schweißtreibendem Tempo voran. Hier kommen die tiefen Lagen präzise und gleichzeitig mit ungeheuer solidem Fundament zu Gehör. Hier schwabbelt oder versumpft nichts, nichts wirkt schwerfällig. Bei allem Nachdruck bleibt der Bass stets schön federnd und zeigt reliefartige Strukturen auf. Ein Pro-Ject Perspex Anniversary mit Ortofon MC Valencia – mit knapp 2.000 Euro Paketpreis günstiger als mein Proband –, den ich kürzlich ausgiebig hören konnte, brachte das Frequenzuntergeschoss in diesem Stück zwar noch ein Quäntchen „saftiger“ rüber, gründelte auch ein wenig tiefer – die eherne Stringenz und Trockenheit, die den Jupiter auszeichnet, erreichte er indes nicht.

Transrotor Jupiter von hinten
Der Transrotor Jupiter von hinten

In diesem Song ist ohnehin einiges „los“, was für weniger souverän auftretende Laufwerke auch schon einmal schwierig wird. Mein treuer Transrotor Insigne – von Joche Räke einst als Einsteigermodell gedacht und inklusive MM-System Uccello keine 1.500 Euro teuer –, hat denn auch Mühe, das fordernde „Love is a lie“ in seiner ganzen Präsenz und Dynamik zu erfassen, er neigt zum „Pressen“, also zur akustischen Verdichtung gerade in lauten Passagen. Überdies wirkt der Gesang im Vergleich „körperreduzierter“, als habe die Blues-Queen an Stimmvolumen eingebüßt. Auch im Bass fehlt gefühlt eine Oktave, wenngleich der puristische Insigne in Sachen Timing und Agilität wieder einiges wettmacht. Auch er ist ein unheimlich lebendig aufspielender Dreher, auch er „hat den Groove“ – die Ruhe und Gelassenheit des Jupiter, der seine musikalische Darbietung fein säuberlich sortiert und dabei nie die Kontrolle verliert, geht ihm aber ab. Was man ihm angesichts des Preisunterschieds und des ungleich höheren konstruktiven Aufwands beim Jupiter auch nicht ankreiden darf. Aber: Letzterer spielt in der Tat in einer anderen Liga.

AC/DC (Album: Black Ice)So stampft der „Rock’n’Roll Train“ von AC/DC (Album: Black Ice, auf Amazon anhören) so kraftstrotzend-saftig und punchy durch mein Arbeitszimmer, wie es der „kleine“ Rheinländer zuvor nicht darzustellen vermochte. Die „Rock-Lok“ schiebt gefühlt alles zur Seite, was sich ihr in den Weg stellen könnte. Der Insigne hatte gegenüber dieser explosiv-dynamischen Vorstellung wie mit leicht angezogener Handbremse und auch in Sachen Präsenz und Transparenz limitiert geklungen. Auch „The Getaway“ von den Red Hot Chili Peppers aus dem gleichnamigen Album geht mir mit dem Jupiter direkt in alle Gliedmaßen, dem treibenden Beat unter anderem von Ausnahme-Bassist Flea, der die Saiten herrlich knarzen lässt, kann ich mich nicht entziehen. Hier groovt der Jupiter mit Wonne durch die Rillen und zeigt sich als stets trittsicherer „Funky Boy“, der eine flirrend-lebendige Atmosphäre in mein Hörzimmer zaubert.

Transrotor Jupiter

In den Mitten gibt sich der Jupiter sehr neutral. Hatte der Pro-Ject Perspex Anniversary Matthew Goods Gesang in „I miss new Wave“ (Album: Beautiful Midnight Beautiful Midnight revisitedrevisited, auf Amazon anhören) mit einer schmeichlerisch warmen Aura umgeben, die ein wenig darüber hinwegtäuscht, dass der kanadische Singer-/Songwriter kein sonderlich voluminöses Organ besitzt, rückt der Transrotor diese Tatsache ins rechte Licht: Good hat ein ziemlich dünnes Stimmchen! Allerdings bildet der rheinische Dreher diese nicht unterkühlt-distanziert, sondern einfach realistisch-natürlich ab. Der Gesang steht griffig, körperhaft und mit scharfen Konturen im Raum. Ein Weichzeichner oder Schönfärber ist er freilich nicht, die Masteringmängel einer Rockproduktion aus den frühen Neunzigern – exemplarisch Pearl Jams Erstling „Ten“ – deckt er beispielsweise recht gnadenlos auf. Trotzdem oder gerade deshalb darf man ihm bescheinigen, ein vorbildlich neutral auftretendes Laufwerk zu sein, das nie blutleer erscheint. So singt Lou Rhodes ihr „Each Moment New“ auf Beloved One (auf Amazon anhören) genauso zart, eindringlich und schnörkellos, wie ich es erwarte. Der Gesang ist frei von Verfärbungen, löst sich exzellent aus der Gemengelage, ohne Lou Rhodes, Beloved Onedass es an Emotionalität mangeln würde. Das Klangfarbenspektrum, welches hier an mein Gehör gelangt, ist reich an Schattierungen. Nichts wirkt zu grell oder überladen. Gleiches am oberen Ende des Frequenzbandes: Bläsersätze kommen durchaus metallisch-hart und hell strahlend zu Gehör, leuchten aber tendenziell eher golden denn silbern. Will sagen: Die Höhenlagen werden vollständig, detailverliebt und sehr klar dargeboten, ohne zu stressen. Es empfiehlt sich allerdings, bei der Auswahl eines Tonabnehmers eher Modellen den Vorzug zu geben, die nicht allzu schlank aufspielen und in den Höhen keine kristallinen Tendenzen zeigen.

Transrotor Jupiter von hinten

Was mir im Vergleich zu meinem Transrotor Insigne noch auffällt, war der bis dato so nicht wahrnehmbare traumwandlerisch-sichere musikalische Fluss und diese involvierende Marillions F.E.A.R.Geschmeidigkeit, mit der der Jupiter aufspielt. Nach der Montage des Transrotors MC-Systems Figaro verstärkte sich dieser Eindruck – erwartungsgemäß – natürlich noch. Selbst kompositorisch vertrackte Musik wie das aus mehreren Episoden bestehende „The Leavers“ auf Marillions F.E.A.R. (auf Amazon anhören) wird mit so einer verführerischen Selbstverständlichkeit, Detailakribie und trotz dynamischer Herausforderungen stoischer Unerschütterlichkeit vorgetragen, dass ich mich unweigerlich frage, wo diese Intensität und diese Energie eigentlich vorher waren.

Transrotor Figaro am Jupiter

Fast schon logisch, dass auch die Raumabbildung dieses Drehers kaum Anlass zur Kritik bietet. So wird die Atmosphäre in der Kölner Philharmonie, in der Wolfgang Niedecken Ende 2015 sein „Märchen vom gezogenen Stecker“ (auf Amazon anhören) spielte, ungefiltert und plastisch greifbar in mein Hörzimmer transportiert. Die Ortbarkeit der Musiker auf der virtuellen Bühne ist frappierend Märchen vom gezogenen Steckergut, wenngleich ich das Konzert, das ich live miterleben durfte, ein wenig luftiger und größer erinnere. Die Darstellung des Transrotor erscheint mir hier insgesamt einen Tick kompakter, wobei das Nörgelei auf sehr hohem Niveau und letztlich nur der Beweis dafür ist, dass Realität und Konserve eben doch nie unmittelbar zu vergleichen sind.

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Test: Transrotor Jupiter | Plattenspieler

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