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Klang: Abacus Ampino 15 Dolifet

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Abacus Ampino 15 Dolifet

Den ersten Teil meines Hörchecks absolvierte der Ampino 15 Dolifet im Solobetrieb als Linear-Vollverstärker. Heißt: Die Wiedergabequelle ist direkt, ohne Vorstufe, mit den Cinch-Eingängen des Abacus verbunden worden. Dazu diente mir ein Apple iMac (Musik wurde sowohl aus der iTunes-Mediathek als ALAC-File und vom Musikstreamingdienst „TIDAL Hifi“ als FLAC-File zugespielt), von dem aus ich via D/A-Wandler (iFi „iDSD Nano“) Musikdaten in den Ampino eingespeist habe.

AnnenMayKantereitGleich bei den ersten Takten von AnnenMayKantereits „Es geht mir gut“ (Album: Alles nix konkretes, auf Amazon anhören) wusste mich der handliche Endverstärker mit seinem wahrhaft „zupackenden“ Charakter zu begeistern. Die Eingangssequenz des Songs groovt mit einer knackigen E-Bass-/Drumkombi, die ordentlich knallt und knarzt. Allerwichtigste Tugend, um so etwas griffig `rüberzubringen: Timing. Das liegt dem Ampino 15 Dolifet offenbar gut, denn er „schnalzt“ mir den Song mit einem Rhythmusgefühl und einer Präsenz um die Ohren, die ich in dieser Selbstverständlichkeit nicht erwartet hätte. Was der Hersteller behauptet, scheint sich zu bewahrheiten: Der kompakte Amp führt meine Magnat Quantum 905 (Wirkungsgrad: 90 dB/W/m, Nennimpedanz: vier Ohm) hörbar an der kurzen Leine, gönnt ihren Bassmembranen – etwa bei spontanen Drumkicks – keinen unerlaubten Nachschwinger. Auch der E-Bass wird nahezu staubtrocken und mit verblüffend klarem Relief präsentiert.

Bei letzterem kommen wir ja schon in den Frequenzbereich des Oberbasses beziehungsweise der unteren Mitten. Ein Bereich, in dem meine gute alte „Maggy“ grundsätzlich eine leichte Tendenz zu schmeichlerischer Wärme zeigt. Was mich nicht stört. Im Gegenteil weiß ich diese Eigenschaft oft genug zu schätzen. Das Ergebnis mit dem Abacus Ampino: Ein im Vergleich etwa zu meinem Yamaha A-S 1000-Vollverstärker viel strafferer und entschlackter wirkender Oberbass, der damit an Lebendigkeit zulegt und der Quantum 905 bestens zu Gesicht steht. Ich hätte nicht erwartet, dass meine „alte Dame aus dem Rheinland“ derart von einer extremen Lautsprecherkontrolle, wie sie Abacus praktiziert, profitieren könnte. Aber: Sie tut es!

marillionZumal sie nicht ihrer Musikalität und Dynamik beraubt wird, was Marillions Vorabveröffentlichung „The new Kings“ aus dem im September erscheinenden 18. Studioalbum Fear (auf Amazon ansehen) beweist. Wie bei den britischen Progrockern üblich, besticht dieses über 15 Minuten lange und aus insgesamt vier Teilen bestehende Stück mit einem fast episch zu nennenden Charakter. Nach der mystisch schwebenden Eingangssequenz baut es sich Schicht um Schicht auf, um nach einem ersten Kumulationspunkt in ein völlig anderes Thema überzugehen. Dieser musikalische „Klimax“ wird oft sehr dicht und laut, lässt dann plötzlich nach. Über eine Komponente, die dieses gewitterartige Auftürmen, Verdichten und Abschwellen in seinem dynamischen Umfang nicht abbilden kann, macht derlei Musik keine Freude. Zumal sich auch im dichtesten „Gewölk“ fein gesponnene Melodiebögen verstecken, die es zu entdecken gilt. Zum dynamischen Talent muss also auch noch ein gutes Maß an Auflösungsvermögen kommen, will man die Briten bei ihren häufig schwelgerischen und dann abrupt wechselnden Texturen verfolgen.

Was das dynamische Talent des Abacus anbetrifft, hatte ich angesichts von nominell „nur“ 25 Watt Ausgangsleistung pro Kanal anfangs Bedenken. Die sich aber rasch in Luft auflösten. Keine Frage: Der Ampino treibt meine Standlautsprecher bei dynamischen Spitzen praktisch vor sich her, lässt sie – im Rahmen seiner Möglichkeiten, ich komme gleich noch einmal drauf zurück – explodieren und fängt sie mit ebensolcher Selbstverständlichkeit wieder ein. Den schichtartigen Aufbau eines Marillion-Songs können Sie dabei in allen Einzelheiten nachvollziehen, das Auflösungsvermögen des Ampino 15 dürfte in seiner Preisklasse sensationell und darüber hinaus noch immer sehr bemerkenswert sein.

Abacus Ampino

Um das Gehörte richtig einzuordnen: Natürlich ist es ein Unterschied – und daran ändern auch selbstbewusste Herstellerangaben nichts – ob sich die Endstufe aus Nordenham an dynamischen Hürden abarbeitet, oder ob man einen Vollverstärker von der Güte eines Magnat RV-3 auf das gleiche Material loslässt. Im direkten Vergleich entfesselt dieser Urgewalten. Was aber nicht verwundert, immerhin wartet er mit einer mehr als zehnfach höheren Ausgangsleistung auf und sein „fetter“ Transformator ist für ausreichende Reserven zu haben. Von seiner Preisklasse (knapp 3000 Euro) will ich gar nicht reden, ein direkter Vergleich verbietet sich einfach. Abacus‘ Kollektorschaltung (in diesem Fall: Dolifet) leistet Erstaunliches, gegen schiere Kraft kommt sie dann aber doch nicht an. Was insbesondere in Leistungs- und Lautstärkebereichen relevant wird, in denen man zumindest keine direkten Nachbarn haben sollte. Heißt: Bei so genannter „Zimmerlautstärke“ (keine Sorge, auch noch darüber) verzichten Sie beim Ampino 15 in puncto Dynamik auf erstaunlich wenig.

Abacus Ampino 15 Dolifet

Dies gilt auch hinsichtlich seines sehr klaren, sehr strukturierten und einfach ungemein „richtig“ tönenden Mittelhochtonbereichs. Wenn ich hier von „neutral“ spreche, meine ich damit nicht „nüchtern“, sondern im besten Sinn natürlich und ganz klar der Vorlage folgend. Kollege Martin Mertens hatte in seinem 2013er-Test der Amp-Kombi erwähnt, dass diese Gesangstimmen ein wenig zurückhaltend darböte. Nun, dass kann ich heuer nicht mehr feststellen. Natalie Merchant singt ihr „It´s a-coming“ (Album: Natalie Merchant, auf Amazon anhören) sehr plastisch und sehr konturenscharf. Ihre Stimme löst sich einerseits so gut aus dem Geschehen heraus, dass man alle Facetten wahrnehmen kann, bleibt andererseits aber auch so „eingebettet“, dass die Darbietung nicht in Einzelereignisse zerfasert. Das ist insgesamt sehr stimmig und wirkt „echt“. Es ist ohnehin eine große Stärke des Nordenhamers, Schallereignisse einzelner Frequenzbereiche hervorragend voneinander zu differenzieren, was tiefe Einblicke in die jeweilige Aufnahme erlaubt, dies aber nie so verbissen seziererisch zu tun, dass der musikalische Fluss ins Stocken geriete. Meiner Meinung nach eine ganz große Leistung, vor allem in dieser Preisklasse!

In den höheren Lagen verfügt er über das rechte Maß an „Crispiness“ – beispielhaft bei der hart gezupften Gitarre in der Eingangssequenz von „From Above“ von The Beach (leider hat der junge Brite bislang noch keinen Longplayer vorgelegt), die kristallklar leuchtet –, hütet sich aber vor jenem „Kippmoment“, der Schärfe oder gar Bissigkeit in den Vortrag brächte. Er liefert oben heraus alle Informationen, die es braucht, um die Musik vollständig zu erfassen, schaltet aber keinen grellen Scheinwerfer ein, um auch noch das letzte Eckchen strahlend auszuleuchten. Eine Eigenschaft, die vor allem dann sehr hilfreich ist, wenn man, so wie ich, hin- und wieder auch Musik konsumiert, die genretypisch unter teils starker Kompression leidet. Marc Tremontis Single „Dust“ aus dem gleichnamigen Album (auf Amazon anhören) ist etwa so ein Fall. Ich mag die druckvollen Powerchord-Kompositionen des ehemaligen Creed- und Alter Bridge-Gitarristen, die sowohl melodiös als auch sehr intensiv `rüberkommen. Das Problem: Auf vielen hochwertigen HiFi-Systemen kann man sie sich nicht wirklich anhören, Kompressionsartefakte verursachen hörbares Zischeln und Rauschen, die ohnehin sehr dichte Struktur der meisten Songs wird zu undefinierbarem Klangbrei verpresst. Die Abacus-Endstufe nimmt´s gelassen und macht das Beste draus: „Dust“ entfaltet seine Wucht über ein straff und trocken präsentiertes Bassfundament und bereitet trotz des unsäglichen Masterings, welches auch der Ampino 15 nicht überspielt (!), den Hörspaß, den ich mir erhofft habe.

Detail Abacus Ampino 15

Freunden großorchestraler Arrangements, etwa von Symphonieorchestern, könnte missfallen, dass der Abacus eine Konzertbühne (oder einen Orchestergraben) in der Breite etwas kompakt abbildet. Die Musiker stehen recht eng beieinander – mein Vollverstärker Yamaha A-S 1000 etwa lässt ihnen hörbar mehr Luft und zieht die Bühne großzügiger auf -, wobei die Relationen untereinander und auch die Ortbarkeit von Solisten auf der Bühne davon unberührt bleiben. Auch an der Staffelung in die Tiefe gibt es beim Abacus Ampino nichts zu beanstanden. In dieser Disziplin bilden weder der japanische Mittelklassebolide, noch mein Magnat RV-3 glaubwürdiger ab. Wenn Sie also etwa vorrangig symphonische Musik konsumieren, ist es ratsam, sich den kleinen Niedersachsen vor der endgültigen Kaufentscheidung anzuhören. Der Hersteller unterstützt dieses Ansinnen unkompliziert mit Testangeboten.

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Test: Abacus Ampino 15 Dolifet | Endstufe, Vollverstärker

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