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Test Lindemann USB-DAC 24/192

Inhaltsverzeichnis

  1. 2 Test Lindemann USB-DAC 24/192

Lindemanns Wandler ist klein und leicht: Wenn Sie äußerlich Ehrfurchtgebietendes suchen, werden sie einen kleinen Dämpfer bekommen. Die meisten Zigarillokisten sind größer und das Ding, woraus der Wandler seinen Saft bezieht, schaut eher so aus, als würde man damit Handys aufladen. Sagen wir‘s mal so: Man erstarrt nicht gleich vor Respekt, pellt man den Lindenmann-DAC aus seiner Verpackung. Der will wohl eher mit inneren Werten punkten.

Größenvergleich: Lindemann-DAC und handelsübliche Maus
Größenvergleich: Lindemann-DAC und handelsübliche Maus

Asynchron und Apodizing – diese beiden Schlagworte kennzeichnen die Technik des Lindemanns. Zuerst Genanntes bezeichnet den USB-Übertragungsmodus, bei dem der Wandler und nicht der Computer den Takt vorgibt, und da hierüber schon viel geschrieben wurde, spare ich es mir an dieser Stelle – zumal es auch einen entsprechenden fairaudio-Lexikonartikel gibt.

Lindemann USB-DAC-Platine

Apodizing steht für eine bestimmte Art der Digitalfiltercharakteristik: Übliche sogenannte „Linear-Phase-Filter“ haben das Problem, bei einem Impuls nicht nur mit einem Nachschwingen/einem Echo zu tun zu haben, sondern auch mit einem Vorecho („Pre-Ringing“). Gerade dies ist ein wesentlicher Grund, warum manche Digital-Quellen als unnatürlich empfunden werden, denn ein Echo vorm Signal gibt’s weder in der Natur noch in der Musik – so sind jedenfalls, wenig überraschend, jene überzeugt, die andere, nämlich sogenannte „Minimum-Phase-Filter“ oder eben „Apodizing-Filter“ verwenden: Die klappen gewissermaßen das Vorecho hinter den Impuls, das Nachschwingen wird also tendenziell stärker als zuvor, aber da es eben nach dem Impuls folgt, erscheint dieser „musikalisch natürlicher“ und das „Echo“ wird zudem vom eigentlichen Signal zum Gutteil akustisch verdeckt – was beim Pre-Ringing nicht der Fall ist, denn hier kommt das Signal ja erst noch. Als möglicher Nachteil solcher Filter wird von manchen ein (geringer) Pegelabfall in den obersten Oktaven genannt.

Lindemann USB-DAC-Platine

Wie klingt es nun? Auf der Lindemann-Homepage ist etwas von „hochmusikalisch“ und „wenig digital“ zu lesen – da zucken wir doch mit den Schultern und denken uns: „Das Übliche halt.“ Doch versteht man unter „digitalem Klang“ ein tendenziell zu helles, spitzes, hartes und ungelenkes Klangbild, dann ist das wirklich ein ziemlicher Gegensatz zu dem, was der USB-DAC 24/192 bietet:

Zunächst einmal rührt dieser Eindruck von einer Gesamttonalität her, die zwar in erster Linie ausgeglichen, aber in zweiter eben auch, nun ja: bodenständig ist. Soll heißen: Der Hochton ist eher Marke langzeittauglich denn überdeutlich und die Mitten sind eher warm denn hell, während die Basslagen pegelmäßig als neutral durchgehen. Das Lindemann-Kistchen steht also tonal mit beiden Beinen auf dem Boden und schilpt einen nicht ätherisch an. Find‘ ich gut. Ein Quervergleich: Viele werden den Benchmark DAC1 USB schon mal gehört haben – tonal ist der dem Lindemann ziemlich ähnlich. Auch wenn der Ami mit etwas mehr Volumen und Tiefgang im Bass und einem leicht fülligeren Grundton daherkommt, Welten liegen nicht zwischen ihm und dem Deutschen.

Lindemann USB-DAC

Wenn man mäkeln wollte, könnte man sich mehr Luftigkeit in den obersten Lagen wünschen und auch ein wenig mehr Auflösungsvermögen. Der Hochton im Allgemeinen – und der Präsenzbereich im Speziellen – sind zwar angenehm „mellow“, was die Dauerhörbarkeit steigert, aber andererseits liegt hier auch der Grund, warum S-Laute, je nach Geschmack, etwas zu harmlos erscheinen können, wie auch Transienten (Klavieranschläge und Gitarrenpicks beispielsweise) schon mal mit mehr „Kante“ gereicht wurden.

Der Tieftonkeller wird gut ausgeschachtet und es geht, wenn gefordert, mit Druck zur Sache. Auch wenn in der Hinsicht immer noch mal mehr drinsitzt: Auch richtig böse-fordernde Basskost (zum Beispiel das, was Colin Stetson zum Teil aus seinem Colin StetsonSaxophon herausholt) bringt der Lindemann mit genug Schub. Für manchen Geschmack könnte er wohl noch etwas mehr differenzieren, so richtig knochentrocken, wie zum Beispiel beim erst kürzlich getesteten deutlich teurerern North Star Design Essensio plus (1.590 Euro), sind die unteren Lagen nicht – aber das muss auch nicht jedermanns Ideal sein. Zudem sollte man, was die letzte Durchzeichnung an den Frequenzextremen angeht, bei diesem Preis die Kirche auch im Dorf lassen. Der Lindemann lebt zwischen den Extremen, und das hat er mit dem Gros der Musik gemein.

Die mittleren Lagen haben, wie schon angedeutet, etwas Lockeres, Sanftes, Selbstverständliches, und ob das nun der Apodizing-Filtereffekt ist, den ich da höre, oder es an anderen Sufjan StevensDingen liegt, kann ich nicht wirklich beurteilen, aber im Ergebnis klingen nun sogar auch Aufnahmen, die über meine Anlage sonst grenzwertig präsente Stimmlagen besitzen – bei Sufjan Stevens‘ Album Seven Swans konnte ich das sehr deutlich feststellen – um einiges gefälliger. Anständig aufgenommene Frauenstimmen – Valeska Steiner von Boy fällt mir da zum Beispiel ein – stellt der Lindemann zwar eine kleine Spur weniger deutlich artikuliert dar, als ich es gewohnt bin, dafür aber auch quasi extrasanft und verführerisch. Wer bei Digitalquellen Kargheit, Härte und artifizielle Kühle im Mittenband fürchtet wie der Teufel das Weihwasser, sollte den Lindemann an seinen Laptop Boyschnallen, das kann Balsam für die Ohren sein. Das alles macht der kleine deutsche DAC ohne größere tonale Tricksereien, hier wird nicht einfach der Grundton aufgefüllt bis alles irgendwie sirupig aus den Boxen läuft, eher hört sich’s wie eine kleine Senke im Bereich obere Mitten/untere Höhen an – oder ist es tatsächlich so, dass man hier des artifiziellen Einschwingverhaltens üblicher Digitalfiltertechnik verlustig gegangen ist und es deshalb so natürlich und geschmeidig tönt? Wie auch immer: Der Lindemann spielt angenehm und mit Charme.

Rückseite des Lindemann-DACs

Aber ist „angenehm“ nicht gefährlich nah bei „langweilig“ gelegen? Beim Lindemann meiner Meinung nach nicht. Wenn man ein Rhythmustier erwartet, das einem jeden Beat einzeln um die Ohren haut – okay. Doch angesichts der Preisklasse habe ich beim Lindemann-Wandler in dynamischer Hinsicht nichts auszusetzen. Er ist lebendig und auf Zack, aber irgendwie ist das auch nicht sein Schwerpunktthema, er macht das vielmehr en passant. Involvierend gerät sein Klangbild weniger durch besonders auffällige Rhythmusarbeit – mich kriegt er eher mit seinem „generösen“ und offenen Bühnenbild rum:

Lindemann USB-DAC mit Schaltnetzteil obendrauf
Lindemann USB-DAC mit Steckerschaltnetzteil obenauf

Denn die virtuelle Bühne öffnet sich zum einen angenehm nach vorne, soll heißen: traut sich auch vor die Grundlinie der Boxen, und das obwohl man doch anzunehmen pflegt, das präsentere Mittellagen bühnentechnisch frontaler wirken und hier tonal eher das Gegenteil der Fall ist. Zum anderen werden die einzelnen Klänge auf dieser Bühne durchaus großzügig abgebildet, eine Stimme ist kein mundgroßer Punkt im Raum, sondern hat ein schönes Volumen – angenehm sowas. Der Lindemann bildet die Musik alles andere als entfernt, distanziert oder klein-klein ab.

Lindenmann-DAC

Wer auf messerscharf randgefasste Klangeindrücke steht, wird wohlmöglich meinen, dass da noch mehr geht – wer sowas hingegen latent für artifiziell hält, der lobt diesen DAC für seine leicht abgerundeten Klangkörper, die er in den Raum projiziert. Ein ziemlich großer Raum ist das übrigens – breiter als tief, wobei Letzteres auch sehr anständig ist -, in dem die Musik eher realistisch „arrangiert“ als „gerastert“ wird. Es geht dem Lindemann nicht darum, bei großem Orchester jeden Musiker einzeln durchnummerieren zu können – der Lindemann spielt, würde mancher sagen, auch in räumlicher Hinsicht natürlich – aber es gibt DACs, die noch genauer staffeln und einzelne Klänge härter abgrenzen.

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Test: Lindemann USB-DAC 24/192 und Hegel HD11 32 Bit | D/A-Wandler

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