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Test: Beyerdynamic Amiron home | Kopfhörer, Over-/On-Ears

Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Test: Beyerdynamic Amiron home | Kopfhörer, Over-/On-Ears

April 2017 / Benjamin Baum

Das soll es dann also gewesen sein? Schluss mit jenen urdeutsch mausgrauen Zahlen-Buchstaben-Kombinationen, mit denen seit Jahr und Tag jede neue Kopfhörerkreation des baden-württembergischen Traditionsfabrikanten Beyerdynamic (www.beyerdynamic.de) etikettiert wird? Ein bisschen Wehmut kommt jedenfalls auf, als ich den neusten Firmenspross „Amiron“ auspacke und dabei an das allererste „Dynamischen Telefon“ (kurz: DT) aus dem Jahr 1937 denke, das „DT 48“, für welches liebenswürdigerweise bis heute noch Ersatzteile lieferbar sind.

Okay, okay – natürlich habe ich mir den Kasus für diesen Test hier angelesen. Trotzdem: Wer sich nur ein klein wenig, und sei es rein theoretisch, damit beschäftigt, welch lange Tradition deutscher Entwicklungs- und Fertigungskunst sich hinter staubtrockenen Amtskürzeln wie DT 770, T 5 p oder T 90 verbirgt, der hört beim nunmehr allerersten Neologismus Marke Beyerdynamic durchaus den sprichwörtlichen Paukenschlag erklingen. Zumal das Amalgam aus dem lateinischen „amicus“ (dt. Freund) und dem französischen „compagnon“ (dt. Begleiter) lediglich halb richtig anmutet, handelt es sich beim „Amiron“, wie der Beiname „home“ verrät, doch um einen konsequent für den Heimgebrauch ausgelegten offen-dynamischen Hörer, der als alltäglicher „Begleiter“ für Bus, Bahn und Büro unstatthaft anmutet. Doch genug der Semantik. Erstmal: Lieferumfang, Materialien, Technik. Auch wenn’s schwerfällt, als Tester Tradition zu wahren, wo nun selbst im Hause Beyerdynamic die Nomenklatur-Anarchie ausgebrochen scheint.

Wo waren wir? Ach ja: der Amiron als „Freund“ des Hauses. Denn an einen „Begleiter“ außerhalb der eigenen vier Wände gemahnt weder das mit drei Metern großzügig ausgelegte, beidseitig geführte sowie abnehmbare Anschlusskabel des Amiron, das durch einen schraubbaren 6,3-mm-Klinkeadapter komplettiert wird, noch das komplett offene Grundkonzept des Hörers, das seinen Träger von Außengeräuschen praktisch überhaupt nicht isoliert und umgekehrt die Umwelt nahezu ungefiltert an dessen musikalischen Vorlieben teilhaben lässt.

Beyerdynamic Amiron home

Auch der kompromisslose Einsatz und die hochwertige Verfertigung der verwendeten Materialien lassen den Besitzer instinktiv davor zurückschrecken, seinen Amiron an die frische Luft zu lassen. Daran ändert auch die (Achtung, Wortwitz) theoretisch praktische Tragetasche wenig. Betont luxuriös, allerdings auch unverschämt komfortabel sind insbesondere die Polsterungen von Bügel und Hörmuscheln geraten. Bezogen mit hautfreundlichem Mikrofaser-Velour, lassen die flauschigen Kissen den Amiron nahezu unbemerkt auf beziehungsweise über Kopf und Ohren ruhen. Der von Beyerdynamic mit 500 Gramm angegebene Anpressdruck wirkt dadurch perfekt austariert zwischen sicher und bequem, und der stufenlos verstellbare Aluminiumbügel garantiert für jede Kopfform die exakt korrekte Bügellänge und Muschelposition. Und ja, das klingt jetzt alles schon ein bisschen anpreisend, ist aber so gelungen, dass alles andere an dieser Stelle schlicht unangebracht wäre. Denn die (immerhin) 340 Gramm des Amiron fühlen sich getragen tatsächlich an wie bestenfalls die Hälfte, und als ich den Beyerdynamic die ersten Male aufsetze, überprüfe ich unwillkürlich, ob die Muscheln tatsächlich anliegen, so bescheiden verkrümelt sich mein neuer Freund und Nicht-Begleiter beim Hören aus meiner Wahrnehmung und bleibt dieser auch nach Stunden noch fern.

Beyerdynamic Amiron home

Allerdings waren auch bisherige Modelle aus Heilbronn nicht gerade für fertigungstechnische Hemdsärmeligkeit bekannt, weshalb wir uns die Frage stellen, was denn, abgesehen vom Namen, nun so dermaßen anders ist am neuen Amiron, dass der Hörer eine solche Testüberschrift verdient, wie er sie nun einmal verdient. Konzeptionell jedenfalls versteht sich der Amiron schlicht als Nachfolger des T 90 und übernimmt folgerichtig dessen Platz in Beyerdynamics nicht-professioneller Produktlinie für den highfidelen Hausgebrauch zwischen dem Einsteigermodell DTX 910 und dem aktuellen Flaggschiff T1. Große Fußstapfen, gilt der T 90 doch bis heute unter geneigten Kunden als eines der gelungensten Beyerdynamic-Modelle überhaupt. Dass der Amiron jedoch ein selbstbewusster Erbe ist, lässt sich am Logo-besetzten Außengrill ablesen, den ich als charmante Hommage an historische Beyerdynamic-Modelle interpretiere.

Darstellung des Tesla-Treibers des Amiron
Der Tesla-Treiber des Beyerdynamic Amiron

Aufwendig weiterentwickelt hingegen wurden im Vergleich zum T 90 neben Tragekomfort, Materialeinsatz und Design vor allem das, was hinter dem sympathisch nostalgischen Grill ruht: der Treiber und sein unmittelbares Arbeitsumfeld. Wie bei den meisten neueren Beyerdynamic-Hörern fällt dieser auch beim Amiron unter die Rubrik „Tesla“, in die sich ein moderner Kopfhörer gemeinhin durch Erfüllung verschiedener treiberbezogener Material- und Fertigungsrichtlinien einreihen darf. So sind die beiden mehrlagigen Compound-Kalotten des Amiron Tesla-typisch von einem Vollmetall-Gehäuse umrahmt, welches verhindern soll, dass Materialien unkontrolliert mitschwingen und dadurch störende Resonanzen verursachen, die den Klang verfälschen könnten. Anders als noch beim T 90 ist das Treibergehäuse des Beyerdynamic Amiron nun auch rückseitig bedämpft und um ein zusätzliches Gewebe hinter den Kalotten bereichert worden, welches insbesondere Hochton-Resonanzen weiter reduzieren soll.

Bayerdynamic Amiron home

Alle diese Maßnahmen wurden laut Beyerdynamic ergriffen, um für den Amiron eine „musikalischere“, „weichere“ und „genießerischere“ Abstimmung zu erreichen. Ob der Amiron dieser für einen Hersteller tendenziell neutral-drahtig abgestimmter Präzisionswerkzeuge doch recht ungewöhnlichen Erwartungshaltung gerecht werden kann? Wie wird sich der Amiron klanglich in den Beyerdynamic-Kosmos einordnen? Als umsichtig modernisierter Traditionalist? Alles so Fragen. Ein Hörtest liefert Antworten. Und zwar ziemlich klare.

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