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Test: Audioquest Nightowl Carbon | Kopfhörer, Over-/On-Ears

Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Test: Audioquest Nightowl Carbon | Kopfhörer, Over-/On-Ears

 

März 2017 / Martin Mertens

Das Gehör von Eulen gilt als eines der besten in der Vogelwelt. Insofern ist eine Eule ein guter Namenspatron für ein Audio-Gerät. Darüber hinaus sind Eulen als lautlose Jäger bekannt. Flügel und Federn sind so gestaltet, dass sie feinste Luftverwirbelungen verursachen, die Flatter- und Strömungsgeräusche, die der Vogelflug sonst verursachen würde, nahezu vollständig verhindern. Beutetiere hören nicht, wenn eine Eule im Anflug ist. Das erklärt vielleicht, warum Audioquest seinen neuen geschlossenen Over-Ear „NightOwl“ genannt hat: Geschlossene Kopfhörer sind nach außen quasi lautlos. Sie bieten eine gute Schallisolierung. Mitmenschen hören nicht, wenn der Träger Musik hört.

Die Jungs von Audioquest sind echt rege. Zuerst rollen sie den Markt für Kabel aller Couleur mit innovativen Produkten ordentlich auf, dann bringen sie mit dem DragonFly einen der smartesten DACs auf den Markt, den ich kenne. Mit dem JitterBug kam ein revolutionäres kleines „must have“ für alle Computer-Audiophilen. Und dann beauftragte Audioquest das Universalgenie Skylar Gray damit, von Grund auf einen neuen Kopfhörer zu entwickeln. Heraus kam zunächst der halboffene NightHawk, der in der Kopfhörerszene schnell für Furore sorgte. Mit dem NightHawk Carbon brachte Audioquest dann eine nochmals aufgewertete Version des NightHawk heraus. Und jetzt folgt mit dem NightOwl Carbon eine geschlossene Variante.

Audioquest Nightowl Carbon seitlich
Der Audioquest Nightowl in freier Wildbahn

Erste Prototypen gab es auf dem CanJam 2016 in Essen zu hören. Und was ich da vernahm, war mehr als vielversprechend. Den NightOwl Carbon musste ich mal in Ruhe hören. Das erwies sich als nicht ganz einfach, denn offensichtlich hatten die ersten Vorserienmuster nicht nur mich schwer beeindruckt. Doch jetzt endlich liegt ein Audioquest NightOwl Carbon auf meinem Schreibtisch – wenn ich ihn nicht gerade auf den Ohren habe. Und das ist ziemlich häufig der Fall.

Geschlossene Kopfhörer kommen eigentlich aus dem Studio-Bereich. Beim Monitoring ist es wichtig, dass der Träger sich auf die Musik im Kopfhörer konzentrieren kann und nicht durch Geräusche von außerhalb abgelenkt wird. Beim Recording darf darüber hinaus kein Schall aus den Kopfhörern zum Mikrofon gelangen, da dies Rückkopplungen erzeugen würde. In letzter Zeit kommen auch für den Heimbedarf zunehmend hochwertige geschlossene Kopfhörer auf den Markt. Beispiele sind unter anderem der Beyerdynamic T 5 p oder der Sennheiser HD 630VB. Der kürzlich von mir besprochene AKG K872 zählt eher zu den Profi-Kopfhörern, findet aber auch bei Kopfhörer-Aficionados Anklang. Das geschlossene Kopfhörer auch im Heimbereich populär werden, mag zum einen daran liegen, dass viele Menschen ihre hochwertigen Kopfhörer auch unterwegs, etwa auf Reisen oder auf dem Weg zur Arbeit nutzen, wo die Vorteile der hohen Schallisolierung zum Tragen kommen. Zum anderen spielt es sicher eine Rolle, dass geschlossene Kopfhörer meist einen anderen Klangcharakter aufweisen als halboffene oder offene Konstruktionen. Besonders im Bassbereich bieten geschlossene Konstruktionen häufig den aktuell so beliebten betonten, druckvollen Sound, den die inzwischen nach Cupertino verkaufte Kopfhörermarke eines pseudo-promovierten amerikanischen Rappers und Hip-Hop-Produzenten so populär gemacht hat und über deren sonstige klangliche Qualitäten wir hier lieber den Mantel des Schweigens hüllen.

Audioquest Nightowl Carbon Fernbedienung
Das Y-Stück des Kabels weist eine Ein-Tasten-Fernbedienung und ein Mikrofon auf

Dem mobilen Einsatz des NightOwl Carbon kommt Audioquest insoweit entgegen, als dass das beiliegende, austauschbare Kabel nur 1,3 Meter lang ist. Das ist genug, um von DAP zum Kopfhörer zu reichen. Selbst die Verwendung am Smartphone haben die Amerikaner vorgesehen und unauffällig eine Ein-Tasten-Fernbedienung samt Mikrofon in das Y-Stück des Kabels eingebaut. So kann man den NightOwl Carbon auch als Headset nutzen. Die technischen Parameter lassen den Einsatz am Smartphone problemlos zu: Eine Impedanz von 25 Ohm im Zusammenspiel mit einer Empfindlichkeit von 99 dB/mW sollte auch für schwachbrüstige Smartphones keine ernsthafte Herausforderung darstellen. Den NightOwl Carbon am Smartphone zu betreiben halte ich allerdings für wenig sinnvoll. Klanglich wäre das mit Kanonen auf Spatzen geschossen. In Kombination mit einem hochwertigen mobilen DAC/Kopfhörerverstärker oder DAP sieht das schon anders aus. Wer bei Audioquest bleiben will, kann zum Beispiel auf den eingangs erwähnten DrangonFly zurückgreifen, der sich mit einem entsprechenden Adapterkabel problemlos am Smartpone oder auch – was ja immer exklusiver wird – am iPhone betreiben lässt.

Audioquest Nightowl Carbon Klinke
Die 3,5-mm-Klinke des Nightowl Carbon, ein 6,3-mm-Adapter liegt ebenfalls bei

Für die rund 700 Euro, die aktuell für den Audioquest NightOwl Carbon aufgerufen werden, bekommt man einiges geboten. Der Kopfhörer kommt, wie die anderen Audioquest-Modelle auch, in einer gut gemachten, aber vergleichsweise voluminösen Transporttasche. Darin befinden sich der Kopfhörer, das Anschlusskabel, der Audioquest-eigene Adapter auf die große 6,3-mm-Klinke, eine schick gestaltete Bedienungsanleitung, ein Stoffbeutel, ein Putztuch sowie zwei paar Ohrpolster – eines Velours- und eines (Kunst-)Leder bezogen. Austauschbare Ohrpolster findet man im Studio-Bereich häufig. Viele Profis bevorzugen Velours-bezogene Polster, weil sie sich bei längeren Hörsessions angenehmer tragen. (Kunst-)Leder hat dagegen den Vorteil, dass es sich leichter reinigen lässt – ein Vorteil, wenn verschiedene Menschen auf den gleichen Kopfhörer zurückgreifen. Auch ist die Schallisolierung meist 2-3 dB höher als bei Velours-Polstern. Da die Ohrpolster auch einen wesentlichen Einfluss auf den Klang von Kopfhörern haben, gilt es den NightOwl Carbon bei der Klangbeurteilung mit beiden Polstern zu hören.

Audioquest Nightowl Carbon Case und Zubehör
Der Audioquest Nightowl samt Case und zweitem Paar Ohrpolster

Technisch setzt Audioquest beim NighOwl auf die für den NightHawk entwickelten 50-mm-Treiber mit Biozellulose-Membranen. Von Papier zu sprechen ist wohl nicht opportun. Zumindest, da die Mitbewerber meist auf mehrlagige Laminate aus Kunststofffolien oder auf Metalle setzen – Alu, Titan oder gar Beryllium werden hier gerne genannt. Ein Blick auf die Lautsprecher-Welt, in der ähnliche Materialien verwendet werden, zeigt, dass Papier gar nicht die schlechteste Wahl sein muss. Aber gut, nennen wir‘s Biozellulose. Und wo wir gerade dabei sind, nennen wir den NightOwl Carbon einen geschlossenen Kopfhörer, obwohl ein Blick in die Bedienungsanleitung uns verrät, dass die Gehäuse versteckte Austrittsöffnungen eines Schallgangs besitzen. Diese sind als ringförmiger Spalt konzipiert und befinden sich unter den Kappen innerhalb der Ringe, mit denen die Gehäuse am Bügel „aufgehängt“ sind.

Auch wenn viele geschlossene Kopfhörer über kleine Druckausgleichsöffnungen verfügen – die Konstruktion des NightOwl Carbon ist etwas Besonderes. Die vergleichsweise großen Öffnungen werden durch spezielle Nylon-Membranen mit einer hohen akustischen Impedanz bedämpft. Insgesamt ergibt das eine aperiodische Dämpfung der Treiber, die die Basswiedergabe unterstützt und den „Druck“ aus den Gehäusen lässt. Hörbare Schallanteile sollen dennoch nicht durchkommen, sodass der Kopfhörer die von geschlossenen Konstruktionen erwartete hohe Schallisolierung bietet.

Audioquest Nightowl Carbon Treiber
Die 50-mm-Treiber mit Biozellulose-Membranen

Vor den ultimativen Klanggenuss hat Audioquest eine Einspielzeit von 150 Stunden gestellt. Die gönne ich ihm auch vollumfänglich. Welche Bedeutung das Einspielen für die von Audioquest entwickelten Treiber hat, habe ich bei meinem eigenen NightHawk erlebt. Ebenfalls von meinem NighHawk kenne ich die hervorragende Passform, die auch den NightOwl Carbon auszeichnet, denn beide Kopfhörer teilen sich die gleiche Bügelkonstruktion. Dabei sind die Gehäuse nicht mit Gelenken am Bügel befestigt, sondern an elastischen Bändern aufgehängt. Eine geniale Konstruktion, die einerseits eine hohe Beweglichkeit der Gehäuse und damit eine gute Anpassung an die Kopfform ermöglicht, andererseits aber kaum anfällig gegen mechanische Geräusche ist, wie sie Konstruktion mit Gelenken gerne mal verursachen. Spontan fällt mir nur German Maestro ein, die das ähnlich clever machen. Sehr elegant ist auch der starre Kopfbügel, der den Kopfhörer zusammenhält und für den Anpressdruck sorgt, während ein elastisch aufgehängtes Kopfband auf dem Kopf aufliegt und das Gewicht auffängt. Man muss, ähnlich wie bei den meisten AKG-Klassikern, keinen Kopfbügel einstellen, weil sich das Kopfband automatisch anpasst. Die Ohrpolster sind weich, der Anpressdruck gering, daraus ergeben sich sehr komfortable Trageeingenschaften. Zum Sport oder zum Headbangen empfiehlt sich der NightOwl Carbon allerdings weniger – dazu sitzt er zu relaxt auf den Ohren.

Audioquest Nightowl Carbon Kopfband

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Test: Audioquest Nightowl Carbon | Kopfhörer

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