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Phonosophie

Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Phonosophie

Dezember 2014 / Jochen Reinecke

Da sitze ich also im Taxi nach Hamburg-Bahrenfeld (Tocotronic: Eat this!) und bin zu gleichen Teilen vorfreudig und aufgeregt. Warum? Ich besuche keinen Geringeren als Ingo Hansen, Hamburger Urgestein und umstrittener HiFi-Tuningpapst, wegen einer Vorliebe für authentische Musikwiedergabe auch „Mr. Live“ genannt. Die Schar seiner Anhänger dürfte ähnlich groß sein wie die Schar seiner Widersacher – und ausgerechnet ich werde nun einen Firmenbericht über Ingo Hansens Unternehmen Phonosophie (www.phonosophie.de) verfassen. Werde ich in seine Fänge geraten und als Naturwissenschaftler mit 95 Kilo Lebendgewicht über die Schwelle seines Ladengeschäfts donnern und im Anschluss als Esoteriker meinen entstressten Ätherleib zurück nach Hause schweben lassen?

Phonosophie Geschäft/Ladenlokal

Einerseits ist mir vieles, was aus dem Hansen-Kosmos bisher bekannt geworden ist, suspekt (da melden sich wohl die Restbestände meiner naturwissenschaftlichen Ingenieurstudiengänge), andererseits wiederum möchte ich „open-minded“ sein und habe Respekt vor der Tatsache, dass die Naturwissenschaften heute Dinge wissen, die sie vor 200 Jahren noch nicht wussten – und dass wir in 200 Jahren mit Sicherheit wiederum Dinge wissen, messen und nachweisen können werden, von denen wir heute noch keinen blassen Schimmer haben. Und seien die Hansen’schen Tuningmaßnahmen zum Teil naturwissenschaftlich noch so schwer nachvollziehbar, so muss doch auf der Habenseite angemerkt werden, dass Hansen erstens niemanden zwingt, irgendetwas bei ihm zu kaufen und sich zweitens bereitwillig Vorführungen, Tests und sonstigen kritischen Fragen stellt. Denn er lebt buchstäblich mit Haut und Haaren für seine Leidenschaft HiFi (andere Leidenschaften hat er auch noch, aber dazu später). Überhaupt: Was werde ich in der Luruper Hauptstraße erleben und inwieweit muss ich mein mechanistisches Weltbild korrigieren? Sie verstehen jetzt, warum ich gespannt war. Zum Glück war ich 15 Minuten zu früh vor Ort und konnte mir im nebenan gelegenen Imbiss mit einer umfangreichen Terrine Erbsensuppe ein wenig Mut anessen.

Zuerst einmal wurde ich bei Ingo Hansen mit leckeren Getränken bewirtet (alkoholfrei, auf dass nicht die Sinne vernebelt werden), sodann stiegen wir mit einem kleinen Interview zum Lockermachen ein.

Ingo Hansen von Phonosophie

Ingo Hansen – Geschäftsführer und Aktivposten bei Phonosophie

Herr Hansen, wann sind Sie geboren und wo sind Sie aufgewachsen?
Ich bin Jahrgang 1951 und in Hamburg geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen.

Ihr Ausbildungsweg?
Ich habe kein Studium absolviert, sondern vier Lehrberufe ergriffen: Maschinenbauer, Triebwerkmechaniker, Kälte- und Klimatechniker und Kaufmann. Mechanik hat mich, wie man sieht, immer interessiert – und damit kenn’ ich mich auch ziemlich gut aus.

Fehlt noch der kaufmännische Part.
Ich habe die Elektrohandelskette Schauland mitgegründet und fast zwölf Jahre lang betreut und geführt, auch aktiv im Verkauf mitgearbeitet. Allerdings wurde irgendwann der Druck zu groß, bestimmte Produkte und Marken im Verkaufsgespräch zu bevorzugen. Da kriegt man mich nun überhaupt nicht zu – und dann habe ich als Konsequenz 1986 beschlossen, mich selbstständig zu machen.

Was war für Sie die highfidele Initialzündung?
Ich fand es schon immer toll, Musik zu hören, das hat mich einfach begeistert. Ich hatte schon auch früh mitgekriegt, dass es da qualitativ ganz schöne Unterschiede gibt, damals noch mit Grundig und Wega und Konsorten (Ingo Hansen lacht, ich auch. Was habe ich meinen champagnerfarbenen Wega-Receiver mit den kratzenden Potis geliebt). Und immer mehr wurde mir klar: Ich will keine Lautsprecher hören, sondern ich will das Gefühl haben, wirklich live dabei zu sein.

Wie kann man das erreichen?
High Fidelity heißt nicht, „ich mache den und den Sound“. Für mich bedeutet das, die Musiker zu mir nach Hause zu holen. Die theoretische Gleichung ist ja: „Mikrofon = Lautsprecher“. Wenn das Mikrofon im Studio irgendwo steht, dann sollen die Interpreten per Lautsprecher wie bei Raumschiff Enterprise in die Wohnung gebeamt werden. Das geht natürlich nicht, das schafft keine Anlage der Welt. Aber man kann schon ziemlich dicht drankommen. Wenn’s richtig super läuft, dann rufe ich beim Hören einer Liveaufnahme in den Raum hinein – und Sie denken beim Zuhören, das gehört zur Aufnahme dazu. (An dieser Stelle hielt ich das mit dem Reinrufen noch für einen Witz. Tja, weit gefehlt. Mehr dazu im Hörparcours …)

Phonosophie Trafo
In der Phonosophie-Klangphilosophie ganz wichtig: ausreichend „Saft“. Da braucht’s nicht zuletzt üppig dimensionierte Trafos

Wir HiFi-Journalisten sezieren unsere Testobjekte ja gern: Dynamik, Tonalität, Räumlichkeit usw. – welche Disziplin ist für einen guten Liveeindruck am wichtigsten?
Ganz klar die Dynamik. Die Räumlichkeit ist bei den meisten Aufnahmen ja eh künstlich erzeugt, wenn Sie nicht mit echter Stereo-Laufzeitmikrofonie arbeiten. Und einen linealglatten Frequenzgang schafft doch heute fast jede Komponente. Wenn ich draußen in der City stehe und um die nächste Straßenecke so richtig schön bumslaute Musik höre, dann spüre ich intuitiv, ob da eine Liveband spielt oder einfach nur jemand Musik von CD lautgedreht hat. Wenn der Klang direkt vom Mikrofon auf die PA-Anlage geht, ohne das ganze Zeug wie Studioproduktion, CD-Mastering und so weiter dazwischen, dann hat das eine Dynamik, die Sie einfach nicht übertreffen können.

Was war ihr erstes Produkt?
Ein Thorens-Tuning: Der Dreher kam ab Werk nicht wirklich optimal eingestellt, das schaffen Sie bei Großserienproduktionen als Hersteller gar nicht. Das haben wir optimiert. Wenn das Subchassis nicht sauber wippt, dann klingt’s einfach nicht. Zugleich entwickelten wir schon früh Zubehör wie Steckdosenleisten, Netzkabel, Lautsprecher- und NF-Kabel.

Andere Leidenschaften außer HiFi?
Segeln! Ich habe seit 25 Jahren ’ne kleine Yacht, ein sehr schnelles Schiff, und ich segle gerne mit Freunden Regatten.

Ihr Lieblingsrevier?
Die Elbe! Ich sage doch, ich komm einfach nicht aus Hamburg raus (lacht). Ich liebe Segeln, das liegt mir im Blut. Ich brauche dazu auch kaum Instrumente, sondern segel einfach nach Gefühl.

Segeln ist also bei Ihnen ähnlich wie HiFi? Ganz unakademisch und schön aus’m Bauch raus?
Jou. So is’ das, ne?

Noch ein paar Fragen zum Mensch Ingo Hansen: Was sind Ihre Stärken?
Ich kann sehr gut überzeugen, vor allem, wenn ich selbst von etwas überzeugt bin.

Und Ihre Schwächen?
Ich habe ganz viele. Die größte ist wohl, dass ich viel zu viel arbeite und zu wenig Zeit für anderes habe. Zurzeit arbeite ich 12 – 16 Stunden am Tag, und das sieben Tage die Woche. Ich habe ganz klar die Tendenz zum Workaholic.

Soviel zum Thema Hansen über Hansen – schauen wir jetzt mal, was bei Phonosophie so alles geschieht …

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Firmenbericht: Phonosophie

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