Demnächst im Test:

Nick Mavridis

Tontechniker (BA Recording Arts, Middelsex University), Fachjournalist (Deutsches Journalistenkolleg), Musiker (Schlagzeug, Gitarre, Tasten)

Nick MavridisManchmal braucht man bekanntlich etwas länger. Bei mir war der Verschleiß einiger Lehrernerven nötig, bis ich nach Flöte, Klavier, Saxophon und E-Bass gemerkt habe, was mein Musikleben benötigt: ein Schlagzeug. Dieses habe ich als „Wenigübender“ dann der Einfachheit halber direkt in einer Band gelernt – und es hat funktioniert. Musik ist auch heute noch für mich nicht dann spannend, wenn sie artistisch und virtuos ist, sondern wenn sie Emotionen zu transportieren vermag und man etwas von dem Spirit erleben kann, der in der Gruppe beim Musizieren herrscht. Das gilt für das Spielen wie für das Hören.

Ich bin im westfälischen Hagen geboren und aufgewachsen. Das ist nicht schlimm, aber prägend. Hagen ist bekanntlich äußerlich recht grau, innerlich aber bunt. Somit war es kein Wunder, dass mich viele sehr unterschiedliche Musikrichtungen bis heute täglich begleiten. Ganz besonders aber ist es das, was England in der Ära zwischen 1965 und 1975 produziert hat, was mich ganz besonders reizt. Die Schuld dafür darf ich getrost meinem älteren Bruder in die Schuhe schieben, der mich früh mit Musik versorgt hat. Meine erste von ihm kopierte Kassette beinhaltete auf der A-Seite Beatles „For Sale“, auf der B-Seite die vier Livestücke von Pink Floyds „Ummagumma“. Auf meinem ersten ITT-Desktop-Player habe ich sie rauf und runter gehört, was sich erst mit einem Dual H 1010 V geändert hat – und meine Liebe für Vinyl eingeläutet hat.

Die Kassette meines Bruders darf ich als prägendes Ereignis bezeichnen, welches deutliche Spuren, in Bezug auf Floyd vielleicht sogar Narben in meiner frühkindlichen Musikseele hinterlassen zu haben scheint. Neben Black Sabbath mit Ozzy, King Crimson, Radiohead und den Bluetones hat mich immer wieder die Klassik (besonders die Neue Wiener Schule und Alfred Schnittke) gefesselt, auch griechischer Rembetiko darf es dann und wann mal sein. Ab Mitte der Neunziger haben mich zudem elektronische Musikrichtungen gebannt, insbesondere das Wall Of Sound- und das Warp-Label mit Autechre und Aphex Twin, aber auch der Trip Hop aus Bristol, also Massive Attack, Tricky und besonders Portishead. Kein Wunder also, dass ich mich auch mit MIDI und Synthesizern beschäftigte. Die Technisierung hielt in meinem Kopf Einzug, es war klar, dass ich mich auch beruflich mit dem Entstehungsprozess von Musik auseinandersetzen will. Parallel zum Tontechnikstudium (BA hons., Recording Arts) habe ich begonnen, mir die Nächte in kleinen Studios um die Ohren zu hauen. Beruflich ist neben der Tontechnik schnell die Dozententätigkeit für das SAE Institute entstanden, die ich auch heute noch durchführe. Allerdings nicht mehr hauptberuflich, denn:

Reden ist Silber, Schreiben ist Gold. Es hat nicht lange gedauert, bis mir klar wurde, dass die Tätigkeit als Fachjournalist mein Traumjob ist. Neben sporadischen Print-Arbeiten ist es vor allem das Musiker-, Tontechniker- und DJ-Magazin bonedo.de, für welches ich als Autor und Redakteur tätig bin. Ich gebe es zu: Ich bin Materialist und hoffnungsloser Gearhead. Meine besondere Liebe gilt charaktervollen Mikrofonen, edlen Kompressoren und durchgeknallten Gitarren-Bodeneffekten. Da kommt der häufige Kontakt mit Equipment natürlich wie gerufen.

Es ist natürlich einerseits traurig, wie viel Aufwand für das Erstellen von Musikproduktionen getrieben wird und unter welchen Umständen sie dann – hier trifft es das Wort sehr gut: konsumiert wird. Andererseits ist es umso schöner, es eben anders zu machen und Musik in einer wirklich guten Abhörsituation genießen zu können. Aktuell geschieht dies bei mir mittels Rega-Anlage, einem Thorens-Plattenspieler, einem Lavry-D/A-Wandler sowie entweder einem Stax-Elektrostaten oder den umwerfenden DIY-Boxen eines Freundes mit sehr viel Erfahrung im Lautsprecherbau und einem sehr, sehr feinen Gehör. Allerdings muss ich zugeben, dass mir das „funktionelle“ Musikhören nebenher auch durchaus Spaß bereiten kann, denn selbst im Auto über Schrangel-Lautsprecher bleibt gute Musik gute Musik; man bekommt nur weniger davon mit.

Und sonst? Irgendwer muss mal genauer untersuchen, wo folgender Zusammenhang begründet ist und welche Auswirkungen er hat: Das Musikhören genießen können und gerne lukullischen Genüssen zu frönen scheint irgendwie zusammenzugehören – da bin ich wohl eher die Regel als die Ausnahme. Ich fasse zusammen: Der perfekte Tag beginnt für mich mit ein bisschen Gitarre- oder Rhodesspielen, ungestresster Arbeit an Texten oder Audioproduktionen, anschließendem Einkaufen und vergeht mit einer Runde Mountainbike in den Wäldern östlich von Köln, mit Kochen, anschließendem Essen und endet mit einem Glas guten Scotchs und einer feinen Schallplatte.

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