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Musik-Rezension: Lyambiko Saffronia Platten-CD-Kritik-2

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  1. 2 Musik-Rezension: Lyambiko Saffronia Platten-CD-Kritik-2

Ohne Zuckerguss und doppelten Boden: Lyambiko’s Saffronia

An talentierten schwarzen HipHop/R’n’B-Sängerinnen besteht in Deutschland schon längst kein Mangel mehr. Galt deutscher Soul im letzten Jahrzehnt noch als bestenfalls exotisch, stehen zerbrechliche Diven mit starken Stimmen (oder umgekehrt, je nachdem) inzwischen ihren amerikanischen Schwestern in nichts nach – man denke nur an Joy Denelane, Nneka, Cassandra Steen – jaja, die deutschen Lauryn Hills und Alicia Keys‘ und Erykah Badus sind mittlerweile fest in Charts und Ohren verankert.

Aber wo ist die deutsche Lizz Wright? Wenn es nach den Kritikern ginge: hier. Pünktlich zum 75. Geburtstag von Nina Simone am 21. Februar 2008 brachte die gebürtige Thüringerin Lyambiko ein Tributalbum an die große Diva auf den Markt. Warum wir es erst jetzt besprechen? Nun, auf gewisse Weise ist Saffronia eine Sommerplatte, mehr laue Juli-Abende auf dem Balkon als Winterkuscheln vor dem Kamin. Das kann daran liegen, dass die Titel zumindest vordergründig um in der Sonne schwirrende Libellen und Schmetterlinge kreisen, wie beispielsweise „Feelin‘ Good“, mit dem schon Swing-Barde Michel Bublé im Frühsommer 2005 rauschende Erfolge feierte. Dieser allerdings erreichte mit seiner Version eine dem Original nahekommende Intensität, was Lyambiko leider nicht gelingt. Überhaupt ist es das größte Manko dieses Albums, dass die überragenden Nina Simone-Originale ständig im Hinterkopf des Hörers schwirren, gegen die jede Interpretation zwangsläufig abfallen muss – nicht umsonst gilt sie als nahezu uncoverbar!

lyambiko

Gleich der Opener „Don’t let me be misunderstood“ offenbart dieses Problem. Hier fehlt schlicht der Drive. Auch „I Loves You Porgy“ und „Don’t Smoke In Bed“ sind von der Sängerin mit den tansanischen Wurzeln und ihren langjährigen Mitstreitern Marque Lowenthal (Klavier), Robin Draganic (Bass) und Heinrich Köbberling (Drums) zwar absolut solide gemacht, gewinnen den Klassikern aber auch keine neue Perspektive ab. Erst mit „Here Comes The Sun“ zeigt das Quartett, weshalb es bereits zweimal mit dem Jazz Award des Deutschen Phonoverbandes ausgezeichnet wurde.

Interessant der Ansatz, in das jeweils aktuelle Stück Versatzstücke des darauf folgenden hineinzuweben. Wenn das aber für den Rest des Albums zur Masche wird (und das wird es!), ist es nur noch anstrengend, zuzuhören. Zu sehr klingt die nebenberufliche Chorarbeit Lyambikos an einem Programm mit afrikanischer Musik durch. Die Arrangements des Satz- und Scatgesangs sind zwar höchst ausgeklügelt, erreichen aber nicht das Herz. Und das Konzept der permanenten Überlappungen, Vor-, Rück- und Querverweise, die stellenweise drei Lieder gleichzeitig erklingen lassen, nervt irgendwann nur noch. Wieder einmal bestätigen Lyambiko den alten Vorwurf, sie machten „intellektuelle Musik“ – technisch auf höchstem Niveau, aber seelenlos.

Gar nicht geht der Titel „Ne me quitte pas“. Wer auch immer das Original von Jacques Brel kennt, dem wird sich beim bloßen Gedanken an eine Cover-Version der Magen umdrehen. Schon Nina Simone konnte dem Song nicht gerecht werden, und Lyambiko können es erst recht nicht, liegen ihre Stärken doch ganz klar in der Interpretation eigenen Materials.

So hatte die Band ihre größten Momente bislang auch mit ihren eigenen Songs „Give It Up“ (auf „Love … and Then“ von 2006) und „Inside Outside“ (auf „Inner Sense“, 2007). Diese hatten neben technischer Brillanz emotionalen Nachdruck, ja: Intimität, welche das neue Album schmerzhaft missen lässt. Was Saffronia dennoch zu einer – wenn schon nicht gelungenen Hommage, so doch zumindest – hörenswerten Erfahrung macht? Dass Lyambiko, ebenso wie ihr großes Vorbild, die Songs allen Erwartungen zum Trotz komplett gegen den Strich bürsten, mal wild und unangepasst, mal zärtlich und verwegen.

Schließlich kommt auch das politische Vermächtnis der Simone nicht zu kurz: So haben Lyambiko mit „Four Women“ nicht nur die Anti-Rassismus-Hymne Simones neu aufgenommen, sondern setzen mit „Mawe Mawe/I Sing Just To Know That I’m Alive“ ein eigenes Statement. Das hätte der 2003 Verstorbenen gefallen, und Roger Nupie, seines Zeichens Präsident des International Dr. Nina Simone Fan Clubs, gefällt es auch: „Wir lieben die Ideale für die Lyambiko eintritt ebenso die Art wie sie singt“. Eine idealistische Konsequenz, die diese Platte ehrlich und dann doch irgendwie sympathisch macht.

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