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Franz Schubert in Yokohama

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  1. 1 Franz Schubert in Yokohama

Januar 2017 / Nick Mavridis

Der Vater des Schulfreundes meines Sohnes hat eine. Eine Luxman-Anlage. Oft meint man, wenn Luxman-Besitzer über ihre Anlage berichten, eine Mischung aus Stolz, verdecktem Elitarismus, vor allem aber schlichte Freude über Form und Funktion in den Gesichtern lesen und den Worten hören zu können. Vielleicht ist das vergleichbar mit Saab-Fahrern, die oftmals „wissend“ grinsend über die Straßen rollen.

Luxman

Autovergleiche sind schnell überstrapaziert, zudem gibt es einen wesentlichen Unterschied: Saab ist längst im Markenwalhall eingezogen, wohingegen Luxman (deutscher Vertrieb: www.iad-audio.de) als quicklebendiger Hersteller fleißig Geräte entwirft und einen vielleicht kleineren, aber dankbaren Kundenkreis mit Highend-Geräten versorgt. Der Sound und die sprichwörtliche japanische Herstellungsqualität haben dem Unternehmen eine Reihe enthusiastischer und treuer Liebhaber beschert. Weil außerdem neue Geräte auch für den europäischen Markt anstehen, liegt nichts näher, als einen Termin beim Unternehmen selbst zu vereinbaren. Dabei ist mit „liegt nichts näher“ nicht die räumliche Komponente gemeint, denn in ein Flugzeug steigen muss man dafür ja schon – oder wie in meinem Fall in einen Superschnellzug „Hayabusa“, der mich ausgehend vom Urlaub in Hokkaido unter der Tsugaru-Meerenge her und durch Tohoku bis in die Kantō-Metropolregion schießt.

Yokohama
Wie in Japan üblich nicht als solcher zu erkennen: Das ist der Bahnhofsvorplatz von Shin-Yokohama. Der Bahnhof selbst ist rechts, das Headquater von Luxman ist etwa 500 Meter im Rücken dieser Aufnahme

Wenn man einen Termin hat, so wie ich in Yokohama, dann ist man in der japanischen Gesellschaft besser nicht pünktlich, sondern überpünktlich. Adressen in Japan zu finden ist zudem nicht ganz leicht, da es nicht das bei uns verbreitete System von Straßennamen und Hausnummern gibt. Kennt man den Treffpunkt noch nicht genau, ist man gut beraten, überüberpünktlich zu sein. Und weil ich – im Kontrast zu den Klischees, die mein Nachname zulässt – selbst zu den eher pünktlichen Menschen zähle, bin ich also überüberüberpünktlich, auch dank des im Kontrast zum deutschen sehr zuverlässigen japanischen öffentlichen Personenverkehrs. Und so schlawenzele ich schon eine Dreiviertelstunde vor meinem Termin an dem Bürohaus an der Straßenecke unweit des Fernbahnhofs Shin-Yokohama vorbei, in dem Luxman beheimatet ist. Klar: Man fällt hier sogar mit dunklen Haaren auf wie ein bunter Hund, wenn man als Europäer mit suchend-interessiertem Blick und Kamera um den Hals dort herumläuft, wo sonst allenfalls Büroangestellte zur Firma, zum nächsten Bahnhof oder zum typischen kleinen Konbini-Lädchen um die Ecke huschen.

Luxman Firmengebäude
In diesem Gebäude residiert Luxman

Aufgefallen bin ich auch dem Herrn, der in der Einfahrt des Gebäudes gemütlich eine Zigarette raucht und den Blick – nach dem Schweifen über gegenüberliegende Häuser – für einen Moment an mir festhält. Bald darauf wechselt er die Straßenseite. Er schaut mich kurz freundlich an, fragt „Luxman?“, ich antworte knapp „Yes!“; er zeigt sich mit dem Finger auf die Nasenspitze und sagt kurz nickend „Luxman.“ Und diese doch sehr knappe Auskunft könnte richtiger nicht sein. Denn er ist tatsächlich Luxman, gewissermaßen. Nachdem er mir andeutet, ihm zu folgen, anschließend mit mir im Aufzug zum 9. Stock fährt und ich den Firmen-Vorraum betrete, tauschen wir kurz unsere Visitenkarten. Natürlich steht auf seiner „Luxman“, aber eben auch der Name „Kazuyuki Doi“ und das Wort „President“.

Im Vorraum, geschmückt mit Produktbroschüren und zahlreichen Preisen und Urkunden, lerne ich Mio Mano vom Overseas Sales Department kennen, mit der ich über den deutschen Vertrieb IAD GmbH vor meiner Reise schon Kontakt aufgenommen hatte. Zwei Personen kommen hinzu, die mir als Masakazu Nagatsuma und Tatsuya Sueyoshi vorgestellt werden. Sueyoshi-san leitet die Abteilung Corporate Planning, Nagatsuma-san Research and Development. Klang spielt hier die Hauptrolle, daher geht es unverzüglich zu dem Ort in einem Highend-HiFi-Unternehmen, den man getrost als den wichtigsten bezeichnen kann: in den Hörraum.

Imposantes im Luxman-Hörraum
Imposantes im Luxman-Hörraum

Im Keller des Firmengebäudes hat sich Luxman einen Raum eingerichtet, der zum Bewerten eigener Produkte, zum Vergleich mit anderen und natürlich zum Vorführen genutzt wird. Ich darf im Sweet-Spot auf einem Ledersessel bei kaltem grünen Tee – dem japanischen Pendant zum bei uns gereichten Wasser oder Kaffee – Platz nehmen und blicke auf ein imposantes Gebilde, welches ruhig darauf wartet, seiner Bestimmung nachgehen zu dürfen: Auf einem zentralen Rack sind zwei verschiedene Luxman-Anlagen untergebracht, und den Transfer aus der Welt von Volt & Ampere in die der Akustik übernehmen Bowers & Wilkins 802 D3. Ich nehme mir vor, die B&W anzusprechen, doch natürlich gilt mein Hauptaugenmerk den Luxman-Boliden. Eine „Transistoranlage“, bestehend aus SACD-Player DA-08u, Preamp CU-900u und Poweramp M-900u, aber eben auch eine, die auf die guten alten Glaskolben baut: Player D-380 und Vollverstärker LX-380. Diese Komponenten sind bislang in Europa nicht erhältlich, das soll aber in Kürze anders werden. Und ich werde hoffentlich schon mal reinhorchen dürfen, ob sich das lohnen könnte.

Oben links der D-380, darunter der Preamp CU-900u, rechts oben der SACD-Player DA-08u, unten der Poweramp M-900u
Oben links der D-380, darunter die Vorstufe CU-900u, rechts oben der SACD-Player DA-08u, unten der Poweramp M-900u

Tradition verpflichtet. Vor allem eine lange Tradition: Luxman wurde 1925 in Ōsaka von zwei Geschwistern als „Kinsudō Gakubuchiten“ gegründet – als kleines Unternehmen, das Bilderrahmen (!) verkauft. Schnell schwappten technische Neuerungen aus Europa und den USA nach Japan, wo sie auf einen fruchtbaren Nährboden von Wissbegierde, Fleiß und nicht zuletzt Können gefallen sind. Das Unternehmen begann Radios zu importieren, später auch eigene Geräte zu entwickeln. Als Hersteller von hochwertigen HiFi-Komponenten war Luxman spätestens in den 1970ern weltweit bekannt und höchst angesehen.

„Über 90 Jahre sind ein mehr als beachtliches Alter für ein HiFi-Unternehmen. Laufen die Partyvorbereitungen für das 100. Jubiläum schon?“ frage ich Sueyoshi-san, der die meisten meiner Fragen beantwortet.

Sueyoshi-san lacht auf: „Ja natürlich! Wir arbeiten schon hart daran!“

Luxman bedeutet vielen HiFi-Enthusiasten und erst recht den Besitzen einer derartigen Anlage eine ganze Menge. Wie gehen Sie mit diesem Vertrauen und den Erwartungen gegenüber der Marke um? Welche konkreten Ziele haben Sie bei der Entwicklung und Herstellung von Produkten?

Sueyoshi-san: Nun, die Leitlinie bei der Forschung und Entwicklung unserer Produkte ist, dass wir einen Klang erreichen möchten, der den Hörer wirklich emotional berührt. Ebenfalls wichtig ist uns, dass man mit einer Luxman-Anlage über eine sehr lange Zeit am Stück hören kann, ohne dass es ermüdend wirkt. Auf drei Punkte achten wir besonders: erstens auf einen natürlich und ehrlich wirkenden Klang. Zweitens auf eine tonal „reiche“, gehaltvolle Tonalität und drittens auf die Ausgewogenheit des Klangbildes. Wir verstehen unsere Produkte als Werkzeuge, die es dem Hörer erlauben, seine Musik so gut und so lange wie möglich zu genießen. Der Musikfreund kann durch die Ausdrucksstärke einer Luxman-Anlage die Passion und die Energie förmlich spüren, die die Musiker beim Erstellen eines Werkes aufgebracht haben. Daran arbeiten wir ständig und das ist es auch, was unsere Kunden von uns erwarten.


Luxman hat in seiner langen Geschichte schon so einige Komponenten gebaut, hier eine kleine Auswahl


Luxman HiFi steht ja auch für durchaus zeitloses Design. Wenn ich auf das Rack vor uns blicke, glaube ich, dass es einigen Menschen sehr schwer fallen würde zu bestimmen, welcher „Epoche“ die Geräte zuzuordnen sind. Ich persönlich finde es ja toll, dass es so einige Luxman-Komponenten gibt, die mit den guten, alten analogen Nadelinstrumenten zur Pegelanzeige arbeiten. In der Aufnahmetechnik sind diese VU-Meter nach wie vor sehr verbreitet, bei HiFi-Geräten aber eher selten geworden. Für mich strahlen sie eine gewisse Gelassenheit aus, sind dabei aber auch nah dran am menschlichen Lautstärkeempfinden …

Nagatsuma-san (scheint sich über meine Aussage zu freuen, sein Grinsen wird breiter): Es gibt tatsächlich eine große Zahl von Kunden, die wie Sie große VU-Meter auf den Frontplatten lieben. Wir designen sogar meist die Vorderseiten der betreffenden Geräte um diese Anzeigeinstrumente herum!

Luxman-VU-Meter

Und wir kaufen nicht einfach VU-Meter ein, sondern entwickeln sie gemeinsam mit unserem Lieferanten. Beispielsweise haben wir einen hohen Aufwand betrieben, um das Frontglas zu optimieren und die Beleuchtung im Inneren möglichst gleichmäßig zu gestalten, damit die Instrumente einen besonderen Tiefeneindruck bekommen.

Die Liebe zum Detail scheint in vielen Bereichen der Planung und Herstellung mehr als ein Lippenbekenntnis zu sein. Doch wie wirkt sich das auf die „klangbildenden Teile“ eines Luxman-Gerätes aus: Es gibt ja sehr gute Hersteller edler Bauteile wie etwa Burr-Brown, Analog Devices und Neutrik. Doch wieso sieht man in den Geräten auch Kondensatoren mit Luxman-Label? Werden die nach besonderen Spezifikationen gebaut?

Sueyoshi-san: Besonders Bauteile wie Kondensatoren spielen eine sehr gewichtige Rolle, wenn es um die klangliche Abstimmung geht. Wir haben einen sehr, sehr langen und intensiven Kontakt zu unseren Zulieferern, eine große Zahl von Teilen wird für uns nach langen, ausführlichen Tests und Hörsessions maßgeschneidert und exklusiv für uns gefertigt. Viel mehr kann ich Ihnen aber leider nicht verraten …

Nun … wir reden hier über Technik, die zum Musikhören gemacht wird, dabei steht vor uns eine hervorragende, aber noch stumme Anlage. Wie oft kommen Sie eigentlich dazu, einfach so Musik zu hören?

Sueyoshi-san: Ich höre so gut wie jeden Tag zu Hause Musik …

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Genelec 8381A

Firmenbericht: Luxman Corporation

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