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Besonderheiten bei der Musikproduktion für Vinyl

Inhaltsverzeichnis

  1. 3 Besonderheiten bei der Musikproduktion für Vinyl

Mischpult

Eine Mischung kann nicht auf die Schnelle auf Vinyl gebracht werden – die Herstellung einer CD oder eines Dokuments für den Download ist bedeutend einfacher. Vieles, was bei digitalen Verbreitungssystemen möglich ist, kann bei der Wiedergabe von Schallplatte, teilweise sogar schon beim Vinylschnitt, ordentlich Probleme bereiten. So könnten starke Kanalunterschiede bei großen Pegeln im Bassbereich dazu führen, dass der Schneidestichel die Spur nach oben verlässt. Daher muss möglichst schon bei der Mischung darauf geachtet werden, dass im Frequenzbereich unter 500 Hz kaum Stereoinformation vorhanden ist, das Signal also weitestgehend mono bleibt. Neben ästhetischen Gründen sind daher in Mischungen der U-Musik Bass und Bassdrum üblicherweise in der Mitte.

Was zunächst wie eine enorme Einschränkung klingt, ist in Wirklichkeit kein Beinbruch, denn die Ortbarkeit derart tiefer Signalanteile ist sowieso relativ schlecht. Zwar verhindern Schutzsysteme im Presswerk, dass der Schneidestichel zu weit ausgelenkt wird, doch sind die Tontechniker sehr gut beraten, früh genug zu verhindern, dass diese Schaltungen greifen – sie tun dies nämlich sehr abrupt und wenig wohlklingend. Stellt ein Mastering-Ingenieur beim letzten Produktionsschritt Probleme fest, kann er mit einem speziellen Filter den Bassbereich einengen. Die Alternative wäre ein nur sehr schwach gepegelter Bass. Es gibt ein Werkzeug, mit welchem man die Differenzen zwischen beiden Kanälen anzeigen kann, den Korrelationsgradmesser. Diese Anzeige und einige ähnliche ermöglichen es, problematische Phasenunterschiede zu erkennen.

Korrelationsgradmesser

Die genannte RIAA-Schneidekennlinie, also die Veränderung des Frequenzgangs, wird im Presswerk gesetzt. Allerdings gilt es trotzdem, das Spektrum speziell für die Schallplatte anzupassen. So wird im Tiefbassbereich oft generell ein Cut vorgenommen, idealerweise unterhalb der tiefsten musikalisch relevanten Bestandteile. Es ist selten, dass sich unter 30 oder gar 40 Hz noch etwas abspielt, das für den Hörer relevant wäre: Die meisten tiefsten Grundtöne von Instrumenten liegen darüber, die meisten sinnvollen Geräuschanteile ebenfalls, auch von einer Bassdrum oder einer Kesselpauke. Schneidet man den Subbass und den Infraschallbereich ab, kann verhindert werden, dass Tonarm- und weitere Resonanzen des Wiedergabesystems unnötig angeregt werden, zudem kann dadurch die Spielzeit einer Plattenseite enorm verlängert werden: Tiefe Frequenzen benötigen sehr viel seitlichen Platz. Außerdem kann der Pegel insgesamt weiter ausgesteuert werden. Bedenkt man, dass eine „laute“ Schallplatte als Quelle einen besseren Rauschspannungsabstand liefert, ist das gerade für audiophile Ohren eine gute Nachricht. „Vollgequetschte“ Albumseiten klingen oft sehr basschlank und rauschig. Kann insgesamt lauter ausgesteuert werden, kann auch Material mit einer höheren Dynamik seinen Weg auf die Vinylscheibe finden. Allerdings lässt sich der benötigte Platz nicht genau im Voraus bestimmen.

Schallplattenspieler

Anders als neuere digitale Wiedergabesysteme ist die Höhenwiedergabe bei Vinyl eingeschränkt möglich. Besonders das Luftband, also die höchsten wahrnehmbaren Frequenzen, kann bei gleichzeitig auftretenden Basssignalen intermodulieren, die Geschwindigkeit, die zum Aufzeichnen der höchsten Frequenzen notwendig wären, können Schneidesysteme nicht problemlos originalgetreu ausführen. Üblich ist es daher, den Höhenbereich zu begrenzen, manchmal steilflankig bei erst bei 18 oder 19 kHz, manchmal schon deutlich früher. Im Ergebnis „atmet“ eine derartige Mischung etwas weniger, aber dafür erscheint sie uns wärmer.

Einige der oben genannten Fehler bei der Wiedergabe im Nadeltonverfahren machen sich dort stark bemerkbar, wo unser Gehör besonders empfindlich ist. Dies wiederum liegt aus nachvollziehbaren Gründen im Frequenzbereich, der für die Sprachverständlichkeit essenziell ist: besonders der einstellige Kilohertzbereich, also die Hochmitten. Transientenreiches Material, also solche Klangbestandteile, bei denen in kurzer Zeit viel Energie frei wird, sind in diesem Spektrum vor allem Hi-Hats, Becken und die S- und T-Laute der menschlichen Stimme. Die Vorbereitung einer Mischung für Vinyl erfordert extrem vorsichtigen Umgang mit diesen Signalkomponenten, häufig wird hier sehr stark ge-„de-esst“, also mit einer automatischen Regelung gedämpft.

Vinyl

Übrigens erkennen Sie an den beschriebenen Notwendigkeiten, dass es im Grunde nicht möglich ist, den Klang von Vinyl und CD oder zu sonstigen Digitalformaten anhand ein und desselben Albums auf verschiedenen Medien zu vergleichen: Zumindest im Masteringprozess wird früh spezifisch für das eine oder das andere Medium gearbeitet, hört man die beiden fertigen Master im Vergleich, klingen diese oft signifikant anders! Die digitale Ausgabe „darf“ in Bezug auf Dynamik, Spektrum und Stereoinformation deutlich mehr, aber es wird ihr teilweise sogar „künstlich“ mit etwas Wärme unter die Arme gegriffen, indem sie mit leichten Verzerrungen und Frequenzgangveränderungen bearbeitet wird, die bei der Vinylausgabe so oder so aus technischen Gründen entstehen!

Nicht nur die Kunst beeinflusst die Technik, es ist bekanntlich auch andersherum. So haben die Restriktionen des Vinyls maßgeblich zur heutigen Albumform beigetragen. Selbst CDs und Downloads weisen noch häufig eine Anordnung auf, die diesem Umstand geschuldet ist: Probleme mit höhenreichen Signalen werden zur Plattenmitte hin stärker. Besonders schnelle Stücke beinhalten starke Transienten und viele Obertöne, daher findet man klassischerweise als letztes Stück auf einer Plattenseite ein eher ruhiges, warmes, bassiges Stück, etwa eine Ballade. Achten Sie mal darauf, sie werden die „Zweiteilung“ von Alben auch bei manchen CD-Produktionen wiederfinden!

Schallplatten

Ob man nun Vinyl zugeneigt ist oder ihm eher ablehnend gegenübersteht, was gefällt, ist auch recht. Neben den rein klanglichen Aspekten gibt es ja noch einige weitere. Abgesehen davon, dass es reichhaltige, über die Jahrzehnte entstandene Sammlungen gibt und mit ihnen ein kleinere und größere Geschichten über die jeweiligen Stücke, so ist es doch etwas ganz besonderes, die Plattenrücken nach genau dieser einen Platte mit genau diesem einen Lied abzusuchen, das großformatige Cover zu betrachten und der Nadel beim Aufsetzen auf der Rille zuzusehen.

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Musikproduktion: Grundlagen der Schallplatten-Aufnahmetechnik

  1. 3 Besonderheiten bei der Musikproduktion für Vinyl

Über die Autorin / den Autor

Equipment

Analoge Quellen: Laufwerk: Thorens TD-316 MkII mit Nagaoka MP-110

Digitale Quellen: D/A-Wandler: Lavry DA-11, Merging Technologies HAPI (AD/DA-Wandler) CD-Player: Rega Apollo

Vollverstärker: Rega Mira

Endstufen: Abacus Electronics 60-120D Dolifet

Lautsprecher: Harbeth Super HL5 Plus XD, Genelec 8010A, JBL Control 1C, Piega TMicro 5, Vogel Custom Blue, Vogel Custom White

Kopfhörer: Stax SRS-2170, Focal Celestee, AKG K240DF, Beyerdynamic DT150, Beyerdynamic Custom One, Beyerdynamic Free Byrd, Sony MD-7506, KOSS Porta Pro

Kopfhörerverstärker: integrierte Lösungen im Lavry DA-11, Merging Technologies HAPI, Harrison-Mischpult

Mobiles HiFi: iFi iDSD nano

All-In-One: Arcam Solo Mini DAB+

Kabel: Lautsprecherkabel: Oehlbach Ultrastream NF-Kabel: Vovox Link, Vovox Sonorus

Größe des Hörraumes: Grundfläche: 51 m² und 12 m² Höhe: 2,3 m und 2,1-2,6 m